«Moneyhouse ist nur die Spitze des Eisbergs»
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saldo 08/2013
01.05.2013
Sabine Rindlisbacher, Beatrice Walder
saldo: Sind persönliche Daten wie Adresse oder Kreditwürdigkeit geschützt?
Hanspeter Thür: Nein. Mit solchen Daten wird reger Handel betrieben. Selbst meine im Telefonbuch gesperrte Adresse ist wegen eines simplen Baugesuchs wieder im Umlauf. Der Adresshandel ist sehr intransparent.
Die Kreditauskunftei Moneyhouse veröffentlicht im Internet zahlreiche persönliche Daten.
Moneyhouse ist...
saldo: Sind persönliche Daten wie Adresse oder Kreditwürdigkeit geschützt?
Hanspeter Thür: Nein. Mit solchen Daten wird reger Handel betrieben. Selbst meine im Telefonbuch gesperrte Adresse ist wegen eines simplen Baugesuchs wieder im Umlauf. Der Adresshandel ist sehr intransparent.
Die Kreditauskunftei Moneyhouse veröffentlicht im Internet zahlreiche persönliche Daten.
Moneyhouse ist nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt weitere Kreditauskunfteien, die ohne Einverständnis der Betroffenen persönliche Daten von gesperrten Adressen bekanntgeben. Neu darf Moneyhouse dies nur noch mit Adressen tun, die auch aus Internetverzeichnissen ersichtlich sind, also nicht gesperrt sind.
Wie gelangen Datenhändler an Adressen und Telefonnummern von Personen, die nicht im Telefonbuch stehen?
Auf vielen Wegen. Eine wichtige Drehscheibe ist die Post. Beispiel: Zieht jemand um, bietet die Post Adresshändlern und Wirtschaftsauskunfteien die neue Adresse an. Wer das nicht will, musste bis vor kurzem der Post bei einem Umzug 30 Franken zahlen. Jetzt ist die Verweigerung der Zustimmung zur Weitergabe der Adresse kostenlos.
Die saldo -Stichprobe zeigt: Einige Datensammler löschen die Daten nicht, sondern sperren sie für Dritte. Was bringt die Sperre?
Diese Datensammler argumentieren, dass das Verbot der Weitergabe der Adresse künftig nur gesichert ist, wenn ihnen die gesperrte Adresse bekannt bleibt. Das hat etwas für sich: Erhält der Adresshändler später auf irgendeinem Weg wiederum diese Adresse, weiss er sonst nicht, dass sie gesperrt ist. Der Gesuchsteller kann jedoch auf einer vollständigen Löschung bestehen. Er trägt aber das Risiko, dass der gleiche Adresshändler diese Adresse wieder benutzt.
In welchen Fällen ist keine Löschung durchsetzbar?
Wenn Informationen aus dem Handelsregister stammen oder im Handelsamtsblatt veröffentlicht wurden.
Einige Firmen gehen auf Auskunfts- und Löschungsbegehren nur unvollständig ein. Zudem erhalten sie mit dem mitgeschickten Identitätsnachweis weitere Daten. Weshalb empfehlen Sie trotzdem, Auskunfts- und Löschungsbegehren zu stellen?
Solche Firmen verstossen gegen das Datenschutzgesetz. Klar ist aber auch, dass Auskunfts- und Löschungsbegehren nur gestellt werden können, wenn man sich entsprechend ausweist. Damit will man Missbräuche verhindern. Der Adresshändler darf diese Informationen aber nicht weiterverwenden. Beide Datenschutzverletzungen können gerichtlich geltend gemacht werden.
Das Datenschutzgesetz sollte die Bürger schützen. Weshalb gelingt das nicht?
Betroffene müssen von sich aus tätig werden, wenn sie ihre Adresse schützen wollen. Unser Datenschutzgesetz ist zudem nicht fürs Internet geschaffen worden. Weil das Internet nicht vergisst und falsche Daten nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind, sind gravierende Missbräuche möglich. Private können leichter Daten sammeln als die Behörden. Diese benötigen dafür eine gesetzliche Grundlage.
Welche gesetzlichen Änderungen sind am dringendsten?
Der Adresshandel, verbunden mit den Wirtschafts- und Bonitätsauskünften, muss kundenfreundlicher geregelt werden. Der Gesetzgeber müsste für die Aufschaltung von Adressen und damit verbundenen persönlichen Informationen die Einwilligung der Betroffenen voraussetzen. Und die Schweiz müsste griffige Sanktionsmöglichkeiten einführen.
Ihre konkreten Tipps für Betroffene?
Die Adresse nicht im Telefonbuch eintragen lassen. Bei Verträgen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen lesen und Passagen streichen, welche die Weitergabe von Daten erlauben. Der Post beim Umzug mitteilen, dass sie die neue Adresse nicht weitergeben darf.