Heimarbeit: Stellensuchende für dumm verkauft
Ein Verein verspricht, Heimarbeit oder Nebenjobs zu vermitteln. saldo prüfte das Angebot: Es ist unseriös und teuer.
Inhalt
saldo 10/2012
20.05.2012
Letzte Aktualisierung:
21.05.2012
Mirjam Fonti
Auf Jobplattformen, in Zeitungen und Radiospots macht der EHN-Verein auf sich aufmerksam. EHN steht für «Europa, Heimarbeit, Nebenerwerb». Die Botschaft: Wir vermitteln rasch und unkompliziert Arbeit, Schwerpunkt Heimarbeit. Das tönt gut. saldo wollte es genau wissen und bestellte die Informationsunterlagen.
Wer 100 Franken bezahlt, erwirbt damit eine Vereinsmitgliedschaft. Diese sei lebenslang gültig, weitere Beiträge würden nicht erhoben...
Auf Jobplattformen, in Zeitungen und Radiospots macht der EHN-Verein auf sich aufmerksam. EHN steht für «Europa, Heimarbeit, Nebenerwerb». Die Botschaft: Wir vermitteln rasch und unkompliziert Arbeit, Schwerpunkt Heimarbeit. Das tönt gut. saldo wollte es genau wissen und bestellte die Informationsunterlagen.
Wer 100 Franken bezahlt, erwirbt damit eine Vereinsmitgliedschaft. Diese sei lebenslang gültig, weitere Beiträge würden nicht erhoben. Die Mitglieder erhalten gemäss Unterlagen Zugang zu:
- einer Berater-Hotline
- «massgeschneiderten Angeboten»
- einem Newsletter mit Angeboten und Hilfen
- einer persönlichen Beratung.
Zur Auswahl stehen rund 40 Job-Möglichkeiten, vom Telefondienst, Verpacken, Korrekturlesen über Näharbeiten bis hin zum Programmieren.
Die 100 Franken scheinen gut investiert. Doch kaum ist der Beitrag bezahlt, flattert ein Brief mit geänderten Statuten ins Haus. Neu gelten jährliche Mitgliederbeiträge von 50 Franken. Dazu kommt eine einmalige Einschreibgebühr von 50 Franken. Arbeitsangebote gibt es nur über den Postweg oder über eine kostenpflichtige 0901er-Hotline für 2 Franken pro Minute. Auch ein SMS-Service für 45 Franken und ein Eintrag auf einer «Branchen-CD für Arbeitgeber» für 70 Franken kosten Interessierte extra.
Besonders stossend: Selbst drei Wochen nach Zahlung des Mitgliederbeitrages ist noch kein einziges Stellenangebot eingetroffen.
Informationen gibt es weder über die Hotline noch von der Beraterin
Bleibt der Versuch über die kostenpflichtige 24-Stunden-Hotline mit Angeboten ab Band. Nach einer einminütigen Einleitung – ohne Stellenangebote – heisst es plötzlich: «Bla bla bla und das isch nume en Tescht gsi.» Zuletzt ein Anruf bei der teuren 0901er-Berater-Hotline. Pech gehabt. Die Beraterin hat jetzt gerade «keinen Zugriff auf den Computer». Kosten für die Anrufe: Fr. 9.50.
Den EHN-Verein führt Martin Rothacher aus Kloten ZH zusammen mit seiner Partnerin Jessica Kaiser. Er bestreitet, dass sich der Verein an Stellensuchenden bereichert. «Wir sind ein Verein. Jeder zahlt einen Mitgliederbeitrag. Für Vermittlungen verlangen wir nichts. Wir zeigen lediglich Möglichkeiten zur Heimarbeit auf.»
Sponsoren haben ihren Firmensitz an der gleichen Adresse
Wie viele Mitglieder der EHN-Verein hat, will Rothacher nicht sagen. Und auch nicht offenlegen, mit welchen Firmen er in Kontakt steht. Auf der Website sind folgende Unternehmen als Sponsoren genannt: Elektro Redfield, Redfield & Co., Personalisierte Bücher und Horoskope sowie Anifit Hunde- und Katzenfutter. Alle Firmen sind an der gleichen Adresse in Kloten registriert wie der Verein. Auch die Domainnamen der Websites wurden von derselben Person registriert: einem Martin Kaiser. Er hat laut Local.ch dieselbe Adresse wie Vereinspräsident Martin Rothacher.
Die personalisierten Bücher und Horoskope gehören zum Heimarbeitsangebot des EHN-Vereins. Interessierte müssen aber zuerst eine Lizenz erwerben und Material kaufen, bevor sie etwas verdienen. Bei Anifit geht es um den Verkauf von Tiernahrung. Den Verdienst kann ein Verkäufer steigern, wenn er neue Berater wirbt.
Alle diese Angebote haben eines gemeinsam: Sie sind für Arbeitsuchende weder attraktiv noch vertrauenerweckend. saldo rät: Hände weg.
Tipps: Wer Heimarbeit sucht, muss aufpassen
Die Nachfrage nach Heimarbeit ist gross. Deshalb tummeln sich auf diesem Markt auch unseriöse Anbieter. In folgenden Fällen ist von einer Zusammenarbeit abzuraten:
- Wer Arbeit sucht, muss zuerst eine Zahlung leisten.
- Auskunft gibt es nur über eine kostenpflichtige 0900er-Nummer.
- Es werden kostenpflichtige Kurse vorausgesetzt.
- Es gilt, weitere Personen anzuwerben.
- Der Arbeitgeber will keinen schriftlichen Vertrag ausstellen, der Details wie Art der Arbeit, Zeitumfang oder Lohn regelt.