Der Ex-Partner erscheint ohne Rechtsanwalt zur Verhandlung vor dem Bezirksgericht Kriens LU. Er hat auf Bezahlung der vereinbarten Miete geklagt. Seine ehemalige Freundin wird von ihrer Anwältin begleitet. Der Einzelrichter fasst zu Beginn kurz die Vorgeschichte zusammen. Das Konkubinatspaar hatte gemeinsam ein Haus gekauft und sich später getrennt. Der Mann zog aus, die Partnerin blieb im Haus. Die Frau verpflichtete sich im Oktober 2017 mündlich, ihrem Ex-Partner pro Monat 800 Franken Miete für das Haus zu zahlen. Das tat sie auch bis März 2019. Danach kürzte sie die Miete auf 406 Franken. Der Kläger fordert nun von ihr die Differenz für die vergangenen neun Monate – insgesamt 3546 Franken.
Der Mann fasst sich kurz. «Pacta sunt servanda», beginnt er seinen Vortrag. Verträge seien einzuhalten. Dieser Grundsatz habe schon im römischen Recht gegolten. Das sei auch heute noch so. Seine Ex-Partnerin könne die Abmachung nicht einseitig ändern, indem sie einfach weniger Miete bezahle.
Die Anwältin der Beklagten sieht das anders. Sie argumentiert, der Vertrag sei für ihre Mandantin nicht verbindlich. Die Parteien hätten sich zwar darauf geeinigt, dass die Beklagte 800 Franken Miete pro Monat zahlt, bis sie dem Kläger die von ihm ins Haus investierten 161 000 Franken auszahlen kann. Das sei aber unter Druck geschehen. Zudem sei die Miete überrissen. Der Mann erziele eine Rendite von 6 Prozent. Zulässig sei bei Mieten nur eine Rendite von 3 Prozent, was dem monatlich bezahlten Betrag von 406 Franken entspreche.
Ex-Partnerin reichte eine Strafanzeige ein
Die Anwältin beschuldigt den Ex-Partner ihrer Klientin, er habe stets zu Wutausbrüchen geneigt. Es sei während der Beziehung auch zu Handgreiflichkeiten gekommen. Aus diesem Grund hätte ihre Mandantin Angst gehabt, die Beziehung zu beenden. Der Kläger habe ihr zudem klargemacht, dass er nur ausziehe, wenn sie ihm pro Monat 800 Franken bezahle. «Sie sah sich gezwungen, dem zuzustimmen.» Und Anfang 2019 habe er ihr sogar mit dem Tod gedroht. «Die Beklagte zeigte den Kläger deshalb an.»
am Schluss der Verhandlung fragt der Richter die Parteien, ob sie zu einem Vergleich bereit seien. Die Frau bejaht, der Mann hingegen verneint.
Das Urteil folgt rund drei Monate später. Der Richter kommt zum Schluss, dass der Mietvertrag aus freiem Willen zustandekam. Die Beklagte habe bei den polizeilichen Befragungen nach ihrer Anzeige gegen den Ex-Partner nichts von ihrer Furcht beim Vertragsschluss erwähnt. Und das, obwohl sie ihre Wohnsituation ausführlich beschrieben und auch die Zahlungen von 800 Franken erwähnt habe.
Sie müsse deshalb die geforderte Differenz zur Miete nachzahlen. Und zusätzlich die Gerichtskosten von 800 Franken übernehmen.
Vertrag anfechten: Das gilt bei Drohung oder Täuschung
Schliesst jemand einen Vertrag ab, weil er bedroht worden ist, ist der Vertrag anfechtbar. Das muss man innerhalb eines Jahres geltend machen. Sonst gilt der Vertrag als genehmigt. Dasselbe gilt, wenn jemand einen Vertrag anfechten will, weil ein Irrtum oder eine absichtliche Täuschung vorlag. Im Streitfall muss jene Partei die Bedrohung, den Irrtum oder die Täuschung beweisen, welche sich darauf beruft. Ist die Anfechtung des Vertrags erfolgreich verlaufen, müssen allfällig erhaltene Leistungen zurückgegeben werden.
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