Auf dem Etikett der Demeter-Passata prangt ein Herz mit Migros-Logo in der Mitte und dem Spruch: «Mit Liebe hergestellt». Doch die Migros behält für sich, wer das Tomatenpüree herstellte. Auf der Rückseite des Gläschens steht nur «Elaboré en Italie», hergestellt in Italien.
Eine saldo-Stichprobe zeigt: Die Migros verschweigt bei 36 von 90 erfassten Bio-Produkten den Hersteller. Die Konkurrenz ist transparenter. Lidl nannte 84 Mal den Hersteller oder Lieferanten mit Namen und Adresse, nur sechs Mal fehlten die Angaben. Coop nannte in 72 von 90 Fällen den Produzenten, Aldi in 68 Fällen.
Vor allem bei verarbeiteten Bio-Lebensmitteln schreibt die Migros oft nur «hergestellt in …» mit einer Länderangabe. So etwa bei Weissweinessig, Pastasaucen, Senf, Gewürzgurken, Tortelloni, Gnocchi, Hobelfleisch, Rohschinken oder Rauchlachs.
Nennt die Migros einen Produzenten, dann ist es meistens sie selbst. Auf sieben Lebensmitteln steht «Hersteller: Migros Industrie». Bei Waren von externen Lieferanten suchen Kunden den Namen des Herstellers dagegen meist vergeblich. Beispiel Süsswaren: Auf den Caramel-Biscuits nennt die Migros ihre Tochter Delica AG in Meilen ZH. Auf den Löffelbiscuits aus Italien dagegen steht kein Lieferant. Die Migros schreibt, sie verzichte «aus betriebswirtschaftlichen Gründen» auf eine Herstellerangabe – eine solche sei gesetzlich auch nicht vorgeschrieben.
Je nach Gütesiegel mit oder ohne Herstellerangabe
Die Migros verkauft Bio-Produkte unter zwei Gütesiegeln: «Migros Bio» und seit zwei Jahren auch unter der Knospe von Bio Suisse. Gemäss den Richtlinien von Bio Suisse müssen auf jeder Packung mindestens der Name und die Adresse eines Lizenznehmers aufgedruckt sein. Auf den griechischen Oliven mit Bio-Knospe steht deshalb der Lieferant, die Dumet AG in Steinhausen ZG. Auf den spanischen Oliven mit dem «Migros Bio»-Logo dagegen steht nur «Elaboré en Espagne». Angaben zum Hersteller sucht man vergeblich.
Herstellerangaben sind für Knospe-Produkte bloss «empfohlen». Auf Gemüse oder Früchten, die auf dem Hof abgepackt werden, muss der Bauer aber genannt sein.
Die Discounter Aldi und Lidl verkaufen Bio-Produkte deutlich günstiger als Migros und Coop. saldo erhob im Februar 2024 die Preise für einen Warenkorb mit 36 Bio-Produkten. Dabei war Coop 37 Prozent teurer als Lidl, Migros verlangte 28 Prozent mehr (saldo 3/2024).
Discounter haben die gleichen Lieferanten wie Coop und Migros
Den Preisunterschied rechtfertigten Migros und Coop damals mit strengeren Bio-Richtlinien. Die Migros schrieb, «Bio ist nicht gleich Bio». Und Coop erklärte, dass Produkte mit der Knospe höheren Standards genügen müssten als Gemüse mit EU-Bio-Zertifizierung.
Doch die saldo-Stichprobe zeigt: Die Discounter verkaufen Bio-Gemüse vom gleichen ausländischen Bauern, von dem auch Coop und die Migros Produkte beziehen – allerdings zu einem tieferen Preis.
Ein Beispiel: Lidl und Coop bezogen beide Gurken vom Bauernbetrieb Campojoyma in Campohermoso Nijar, Südspanien. Eine Coop-Gurke mit Knospe kostete Fr 1.45. Im Lidl kostete die Gurke mit EU-Bio-Siegel nur 99 Rappen. Ein weiteres Beispiel: Die Bio-Buschbohnen vom Lieferanten Unica Fresh im spanischen Almeria kosteten bei der Migros Fr 1.08 pro 100 Gramm, bei Lidl dagegen nur 85 Rappen.
So machen Sie den Hersteller selbst ausfindig
- Naturaplan-ID: Coop druckt auf Früchte- und Gemüseetiketten eine drei- bis achtstellige Nummer, meist bezeichnet als «NP-ID». Damit können Kunden auf Coop.ch den Namen des Bauern nachschlagen. Dies funktionierte aber nur in der Hälfte der Fälle. Eine Suche via die Seite Easy-cert.com lieferte immer einen Treffer. So gehts: Auf der Startseite unten auf «Betriebe» klicken, «ID-Nummer» eintippen und auf «Suchen» klicken.
- FLO-ID: Produkte mit Fairtrade-Label weisen einen Code für den Lieferanten im Herkunftsland auf, die «FLO-ID». Nummer eingeben auf Fairtrade.net/finder
- Gebindeetikette: Gemüse liegt im Laden in speziellen Kisten. Auf einer Etikette auf der Kiste müssen der Produzent und der Abpacker erfasst sein. So schreiben es die Knospe-Richtlinien vor.
- Betriebsnummern: Auf Fleisch-, Milch- oder Fischprodukten ist in einem Oval ein Betriebscode der Firma aufgedruckt, die das Produkt zuletzt verarbeitete.
Für Schweizer Betriebe bietet der Bund eine Internetsuche. Damit lässt sich beispielsweise herausfinden, dass die Migros Bünder Bio-Salsiz der Albert Spiess AG aus Schiers GR, Bio-Trockenfleisch von Produits Epagny FR oder Bio-Rauchlachs der Ospelt Food AG aus Sargans SG verkauft.