Grillieren braucht vor allem frische Luft
Hersteller werben mit Grills für zu Hause. Doch wer bei schlechtem Wetter in der Garage oder in der Wohnung grilliert, riskiert sein Leben. Grund: das Kohlenmonoxid.
Inhalt
saldo 11/2010
07.06.2010
Letzte Aktualisierung:
08.06.2010
Andreas Grote
Auf ihrer Website verspricht die Firma Barbecook Spass für alle: «Auch Kinder erfreuen sich so gefahrlos an dem unendlichen Grillspass.» Der belgische Hersteller preist sein Modell Amica explizit auch für das Verwenden in Innenräumen an. Denn das Feuer wird mit Bambusholz gespiesen und soll weniger russen als Holzkohle oder Holz.
Kohlenmonoxid: Das geruchlose Gas verbreitet sich unbemerkt
Ein fataler Trugschluss, sagen j...
Auf ihrer Website verspricht die Firma Barbecook Spass für alle: «Auch Kinder erfreuen sich so gefahrlos an dem unendlichen Grillspass.» Der belgische Hersteller preist sein Modell Amica explizit auch für das Verwenden in Innenräumen an. Denn das Feuer wird mit Bambusholz gespiesen und soll weniger russen als Holzkohle oder Holz.
Kohlenmonoxid: Das geruchlose Gas verbreitet sich unbemerkt
Ein fataler Trugschluss, sagen jetzt Experten. Ursula Seliger vom Institut der Feuerwehr Sachsen-Anhalt (D) hat den Amica-Grill sowie einen normalen Säulengrill im geschlossenen Versuchsraum getestet. Das Resultat: kein Unterschied bei den Verbrennungsgasen.
Für beide Grills gilt: «Nach 60 Minuten ist mit gesundheitlichen Problemen zu rechnen.» Nach zwei Stunden sei auch der Tod «im Bereich des Möglichen». Grund sind die Verbrennungsgase, vor allem das Kohlenmonoxid. Es verbreitet sich im Raum schnell und unbemerkt.
Immer wieder wird Grillieren in Innenräumen Menschen zum Verhängnis. Im vergangenen Sommer starben in Deutschland mindestens acht Menschen, darunter eine 48-jährige Frau aus dem bayerischen Bad Wiessee. Sie hatte ihren neuen Grill bei schlechtem Wetter in der Stube ausprobiert. Im Jahr zuvor waren es sogar elf Tote.
In der Schweiz sind bislang noch keine Todesfälle bekannt geworden. In den letzten zehn Jahren hat das Toxikologische Informationszentrum in Zürich aber immerhin 14 leichte und mittelschwere Fälle solcher Kohlenmonoxid-Vergiftungen registriert. Darunter waren sechs Schulkinder, die in einem Jugendlager wegen Regens Plastikplanen über ihr Lager legten und grillierten. Sie verliessen das Lager rasch, als alle Kopfschmerzen bekamen und erbrechen mussten.
Schon geringe Mengen des Gases können lebensgefährlich sein
Es reicht nicht, den Raum durch Öffnen von Fenster und Türen zu belüften. Auch in der Garage oder auf einem Balkon, der nur einseitig geöffnet ist, kann sich das giftige Gas sammeln. Andreas Stürer vom Tox-Zentrum: «Das gewährleistet nicht den sofortigen Abzug des Kohlenmonoxids.» Stürer ist besorgt über das mangelnde Wissen zum Umgang mit offenen Feuerstellen im Haus: «Das scheint in der Bevölkerung langsam verloren zu gehen.»
Eingeatmet blockiert Kohlenmonoxid den Sauerstofftransport von der Lunge zu den Organen, vor allem zu Gehirn und Herz. Schon geringe Konzentrationen können schnell zum Tod führen. Die Symptome sind wenig typisch: Kopfschmerzen, Schwindel oder Ohrensausen sowie eine kirschrote Gesichtsfarbe könnten auch dem getrunkenen Alkohol zugeschrieben werden. Später folgen Erbrechen, Kurzatmigkeit und Herzrasen. Schliesslich setzt das Bewusstsein aus.
Hersteller will die Gebrauchsanleitung anpassen
Fachleute testen zurzeit, ob auch die verbreiteten Gasgrills ein Risiko sind. Axel Hahn vom deutschen Bundesamt für Risikoforschung sagt: «Wegen der vollständigeren Verbrennung des Gases ist die Gefahr hier möglicherweise nicht so gross.» Doch: «Entwarnung können wir aber zurzeit noch nicht geben.» Experten raten deshalb, im Innenbereich ausschliesslich elektrisch zu grillieren.
Das Problem scheint mittlerweile auch dem Hersteller von Barbecook bekannt zu sein. Eveline Heeren vom Barbecook-Hersteller Saey (B): «In Kürze wird auf der neuen Verpackung und Anleitung des Amica nur noch der Outdoor-Einsatz empfohlen.»
Auch Edwin Düring vom Barbecook-Vertreiber e+h Service AG in Däniken AG beteuert: «Wir werden unsere Kunden noch stärker als bisher darauf hinweisen, dass sie den Amica-Grill ausschliesslich im Freien benutzen sollen.»
Tipps: Grillieren ohne Kohlenmonoxid
- Grillieren Sie mit Holz oder Holzkohle nur im Garten, auf einer Dachterrasse oder auf einem offenen Balkon.
- Verwenden Sie in Innenräumen ausschliesslich Elektrogrills.
- Stoppen Sie das Grillieren bei Schwindel, Kopfschmerzen oder Ohrensausen.
- Erkundigen Sie sich bei anhaltenden Beschwerden beim Toxikologischen Informationszentrum: Telefonnummer 145.
- Nehmen Sie beim Grillieren auch Rücksicht auf Ihre Nachbarn.