Rauchlachs - Auf die Ablaufdaten ist kein Verlass
Eine saldo-Stichprobe zeigt: Geräucherter Fisch enthält oft viel zu viele Bakterien. Das Problem: Die Fische liegen offenbar zu lange im Regal.
Inhalt
saldo 20/2005
07.12.2005
Letzte Aktualisierung:
10.11.2009
Claudine Gaibrois
Geräucherter Fisch bleibt in Sachen Hygiene bedenklich. Das zeigt die neuste Stichprobe von saldo: Bei 9 von 22 oder 41 Prozent der Proben lag die Gesamtkeimzahl über dem Toleranzwert (1 Million pro Gramm). Bei gewissen Proben wurde zudem der Toleranzwert für Enterobakterien (1000 pro Gramm) überschritten.
Dabei ist das Hygieneproblem seit langem bekannt. Der «K-Tipp» nahm letztes Jahr zweimal Rauchlachs unter die Lupe. Resultat: Im e...
Geräucherter Fisch bleibt in Sachen Hygiene bedenklich. Das zeigt die neuste Stichprobe von saldo: Bei 9 von 22 oder 41 Prozent der Proben lag die Gesamtkeimzahl über dem Toleranzwert (1 Million pro Gramm). Bei gewissen Proben wurde zudem der Toleranzwert für Enterobakterien (1000 pro Gramm) überschritten.
Dabei ist das Hygieneproblem seit langem bekannt. Der «K-Tipp» nahm letztes Jahr zweimal Rauchlachs unter die Lupe. Resultat: Im einen Fall war ein gutes Drittel der Proben nicht in Ordnung («K-Tipp» 6/04), im anderen gar knapp die Hälfte («K-Tipp» 20/04).
Der Ikea-Lachs enthielt am meisten Keime
Martin Brunner, stellvertretender Leiter des Kantonalen Labors Zürich, überraschen die Resulate nicht: «Die relativ hohe Beanstandungsquote deckt sich mit unseren Erfahrungen.» Das Zürcher Kantonslabor untersuchte letztes Jahr ebenfalls geräucherte Fische. Rund 40 Prozent der Proben genügten den gesetzlichen Anforderungen nicht. Dieses Jahr sahen die Ergebnisse nicht besser aus.
Am schlechtesten schnitt bei der saldo-Stichprobe der Le Fumé de Sodial Norwegian Smoked Atlantic Salmon von Ikea ab: Der Fisch enthielt 88-mal so viele Keime und 12-mal so viele Enterobakterien wie erlaubt.
Weitere Proben fielen zwar nur bei der Gesamtkeimzahl durch, dort aber deutlich: Zwischen 21- und 79-mal zu viele Keime enthielten der Bio-verde Irischer Bio-Aran-Atlantik-Lachs von Vatter, der Coop Brötlilachs, der Spar Brötlilachs Atlantik Zuchtlachs sowie die Fine Food Rainbow Trout Smoked von Coop.
Immer noch ungenügend, aber etwas besser, schnitten folgende Proben ab, bei denen der Toleranzwert zwischen 1,3- und 9,5-mal überschritten wurde: Prix Garantie Lachsforelle geräuchert und Fine Food Graved Salmon marinated von Coop, Dyhrberg Alaska Wildlachs von der Gourmet Factory Jelmoli sowie Laschinger Räucherlachs von Denner. Letzterer enthielt aber 38-mal so viele Enterobakterien wie erlaubt.
Ablaufdatum: Vom Anbieter nach Belieben festgelegt
Das Hygieneproblem kann verschiedene Ursachen haben: Vorhandene Bakterien vermehren sich zum Beispiel rasant, wenn die Kühlkette beim Transport oder in den Läden unterbrochen wird. Aber auch zu lange Verbrauchsfristen sind ein möglicher Grund für zu viele Keime. Und hier lässt das Lebensmittelgesetz den Anbietern grossen Freiraum: Sie können das Ablaufdatum nach eigenem Gutdünken festlegen.
Ikea ist in diesem Punkt besonders grosszügig: 27 Tage beträgt die Verbrauchsfrist beim Rauchlachs des schwedischen Möbelhauses, der in der saldo-Stichprobe das Schlusslicht bildet. Bei Jelmoli beträgt die Frist nur 10 Tage, bei Coop 13 und bei Denner 15 Tage.
Wie auch immer die Frist gesetzt wird, Konsumenten fahren am besten, wenn sie sich an den Tipp von Martin Brunner halten: «Es empfiehlt sich, geräucherten Fisch bereits einige Tage vor Ablauf der Verbrauchsfrist zu geniessen.»
Coop zweifelt trotz ungenügender Proben nicht am Kühlsystem
Mit den Testergebnissen konfrontiert, reagierten die Anbieter unterschiedlich. Marketing-Manager Carlos Friedrich von Ikea kann sich das ungenügende Resultat «nicht anders als mit einem Ausfall in der Kühlkette erklären». Das Möbelhaus reagierte laut Friedrich mit einem «sofortigen Verkaufsstopp in der ganzen Schweiz und löste die Zusammenarbeit mit dem fraglichen Produzenten auf».
Handeln will auch der Bio-Supermarkt Vatter. Inhaber Thomas Vatter verspricht: «Wir werden das Produkt aus dem Sortiment nehmen, sofern keine unmittelbar umsetzbaren Lösungen gefunden werden.» Im Geschäft selbst sei auf jeden Fall die Kühlkette nicht unterbrochen worden, betont er.
Bei Coop waren 4 von 5 Proben ungenügend. Eine Erklärung dafür hat man beim Grossverteiler nicht. An der Kühlung könne es zumindest nicht liegen: «In den betroffenen Filialen ist die korrekte Funktion der Kühlmöbel gewährleistet gewesen», hält Coop-Mediensprecher Karl Weisskopf fest. Im Fall des Fine Food Graved Salmon marinated handle es sich zudem nicht um geräucherten Fisch, sondern um «ein rohes, in den genussfertigen Zustand gebrachtes Produkt», betont Weisskopf. Hier gelte ein Toleranzwert von 10 Millionen Keimen pro Gramm.
Jelmoli, Spar und Denner sehen keinen Handlungsbedarf
Jelmoli und Spar schliesslich sprechen von «Einzelfällen». Die Brötlilachs-Charge von Spar sei vom Hersteller untersucht und für gut befunden worden. Jelmoli hält fest, dass die Temperaturkontrollen der Verkaufsvitrinen keine Abweichungen aufwiesen. Und auch Denner-Mediensprecherin Eva-Maria Bauder betont, dass gemäss den internen Untersuchungsresultaten «alle Werte der gleichen Lachs-Charge in Ordnung waren».
So wurde getestet
Den geräucherten Fisch (Lachs, Forellen, Felchen) kaufte saldo in den Städten Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich in verschiedenen Läden ein.
Die Proben wurden auf die Gesamtkeimzahl und auf Enterobakterien getestet. Eine Überschreitung der Toleranzwerte weist auf Hygieneprobleme hin. Wer einen geräucherten Fisch isst, der zu viele Keime und Enterobakterien enthält, gefährdet zwar seine Gesundheit nicht ernsthaft. Bei den Enterobakterien kann eine massive Überschreitung des Toleranzwerts aber zu Durchfall führen.
Weiter testete saldo die Fische auf Salmonellen, Staphylokokken und Listerien - drei Bakteriengattungen, die ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen können. Hier stellte das Labor bei keinem Produkt eine Grenzwertüberschreitung fest.