Aromen aus dem Labor statt Natur pur
Mineralwasser mit Fruchtaroma verkaufen sich zurzeit sehr gut. Ein saldo-Test zeigt: Viele enthalten künstliche Aromen und Süssstoffe sowie Konservierungsmittel.
Inhalt
saldo 16/2005
12.10.2005
Claudine Gaibrois
Wer keine Lust auf normales Mineralwasser hat, kann heute zwischen einer ganzen Reihe von leicht aromatisierten Produkten wählen: Henniez und Co. bieten zahlreiche dieser Getränke an - mit zartem Apfel-, Limetten-, Himbeer- oder Rosengeschmack. Der Erfolg ist gross: Gemäss dem Marktforschungsinstitut AC Nielsen kauften die Schweizer zwischen Mitte 2004 und Mitte 2005 Aromawasser für über 12 Millionen Franken - zwei Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Werbung verspricht den potenziell...
Wer keine Lust auf normales Mineralwasser hat, kann heute zwischen einer ganzen Reihe von leicht aromatisierten Produkten wählen: Henniez und Co. bieten zahlreiche dieser Getränke an - mit zartem Apfel-, Limetten-, Himbeer- oder Rosengeschmack. Der Erfolg ist gross: Gemäss dem Marktforschungsinstitut AC Nielsen kauften die Schweizer zwischen Mitte 2004 und Mitte 2005 Aromawasser für über 12 Millionen Franken - zwei Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Werbung verspricht den potenziellen Käufern «Wohlbefinden», «Wellness aus den Schweizer Bergen» und «Gesundheit».
saldo wollte wissen, ob die Aromawasser einem wirklich so gut tun und liess 19 Produkte im Labor untersuchen. Die Kriterien: künstliche oder natürliche Aromatisierung, Kaloriengehalt, allfälliger Einsatz von Konservierungsmitteln. Das wichtigste Ergebnis: Natur pur gibt es nur bei einem einzigen der getesteten Aromawasser: Valser Viva Limette & Zitronengras enthält weder Zucker noch Süssstoff. Es ist auch nicht mit Konservierungsmitteln oder künstlichen Aromen versetzt. Über die Hälfte der Wasser hingegen verdanken ihren Geschmack Aromen aus dem Labor. Davon enthalten immerhin zwei auch natürliche Aromen: Vittel knackiger Apfel und Wonder von der Mineralquelle Gontenbad.
Danone Taillefine: Beide Produkte sind mangelhaft
Die besten Noten erzielten die Getränke mit dem geringsten Zuckergehalt und den natürlichsten Inhaltsstoffen. Abzug gab es auch für den Einsatz von künstlichen Süssstoffen. Die Testsieger: Valser Viva Limette & Zitronengras und Henniez Zitrone-Minze. Beide erhielten die Note «sehr gut». Ein «gut» bekamen Valser Viva Zitrone & Kräuter, Rhäzünser Plus Peach und Nendaz Zitrone. Über die Hälfte der Produkte schnitt mit gerade mal «genügend» ab - wegen des vielen Zuckers und der mangelnden Natürlichkeit. Dabei handelt es sich um Valser Viva Birne & Melisse, Vittel knackiger Apfel und Vittel freche Erdbeere, Vittel Zitrone-Limette, Flauder, Nendaz Apfel, Aproz Citron, Prix Garantie Citron und Sambus Holunderblüten. Mangelhaft sind die Wasser, die gleichzeitig Süssstoff oder in einem Fall viel Zucker sowie künstliche Aromen enthalten. Dazu gehören Vittel Himbeere-Cranberry, Wonder und Aproz Orange Mango. Schlusslichter sind die Taillefine-Getränke von Danone: Beide sind künstlich gesüsst und aromatisiert sowie mit Konservierungsmitteln versetzt.
Die Hersteller setzen bei fast allen Getränken Zucker ein, um sie zu süssen. Nur bei dem Wieviel unterscheiden sie sich: Da gibt es Produkte, die 1 Gramm pro Deziliter enthalten und solche mit knapp 10 Gramm. Letzere haben somit gleich viel Zucker wie eine normale Limonade. Ein Drittel der Produkte enthält Süssstoff, wobei die Hersteller auf Acesulfam K setzen. In Flauder von der Mineralquelle Gontenbad findet sich zusätzlich Aspartam, das laut einer neuen Studie krebserregend wirken kann (saldo 13/05). Flauder und Wonder enthalten trotz des Süssstoffes zudem Zucker. In einem Drittel der Aromawasser fand das Labor Konservierungsmittel.
Aproz Orange Mango: Falsche Deklaration
Erfreulich sind immerhin die Deklarationen. Bis auf einen Fall geben die Hersteller genau an, wie viel Zucker und Süssstoff, welche Aromen und Konservierungsmittel in den Flaschen sind. Die Ausnahme: Der Geschmack von Aproz Orange Mango ist gemäss Etikette natürlich. Der Labortest hat aber gezeigt, dass das Produkt auch künstliche Aromen enthält. Die Firma Aproz entschuldigt sich für diesen Fehler und versichert, dass «die Etikette unverzüglich angepasst wird».
Problematisch sind hingegen die Zusatzstoffe. Die überwiegende Mehrheit der Produkte enthalten Zusätze, die zu meiden sind oder ein Gefahrenpotenzial aufweisen. Dies gilt besonders für Allergiker. Uneingeschränkt zu empfehlen ist hier nur Henniez Zitrone-Minze.
Zuckergehalt und hoher Säureanteil schaden den Zähnen
An den Getränken mit viel Zucker gibt es zweierlei zu kritisieren. Erstens der hohe Kaloriengehalt, zweitens die Wirkung auf die Zähne. Wer täglich 2 Liter stark zuckerhaltiges Aromawasser trinkt, könnte genauso gut 2 Liter Cola trinken - und nähme genauso viele Kalorien zu sich. Das ist für niemanden gesund. Für Diabetiker sind die Getränke aber erst recht keine Alternative zu gewöhnlichem Wasser: Fast alle enthalten für sie zu viel Zucker. Aber auch für Kinder taugen die aufgepeppten Mineralwasser eher nicht, sagt die diplomierte Ernährungsberaterin Sabine Ferreira von der Ernährungsberatungsfirma Nutrisana: «Denn diese Getränke begünstigen Karies.» Ausserdem fördern die Aromawasser nach der Einschätzung Ferreiras bei den Kleinen «das Bedürfnis nach Süssgeschmack und Süssigkeiten». Da hilft es auch nichts, wenn sie künstlich gesüsst sind. Störend ist in den Augen der Ernährungsberaterin auch der hohe Säuregehalt vieler der getesteten Produkte: «Beim ständigen Nippen an diesen Wassern ist mit einem negativen Einfluss auf die Zähne zu rechnen.»
Gesunde, günstige Alternative: Wasser mit Fruchtsaft
Aromawasser sind also nur bedingt zu empfehlen, zudem sind sie teuer. Viele kosten um die 1.30 pro Liter, einige knapp unter 2 Franken. Obenaus schwingen Vittel knackiger Apfel und Vittel freche Erdbeere. Beide gibts nur in kleinen Flaschen zum Preis von 1 Franken. 1 Liter kostet somit stolze 3 Franken. Die gewöhnlichen Mineralwasser von Valser, Henniez, Nendaz, Aproz und Vittel kosten im Vergleich deutlich weniger - zwischen 60 und 90 Rappen pro Liter. Ernährungsberaterin Sabine Ferreira: «Das beste Getränk ist nach wie vor normales Wasser oder Kräutertee.» Wer trotzdem unbedingt ab und zu mehr Abwechslung im Glas braucht, kann sich ja selber einen Aroma-Cocktail mischen. Dazu braucht es Wasser und einen Schuss Fruchtsaft. Billiger kommt dieser Mix allemal.
Diese Zusatzstoffe sind problematisch
Farbstoffe:
Zwei Aromawasser sind mit Zuckercouleur (E 150a) gefärbt. Gemäss einer neuen Untersuchung schwächt dieser Zusatzstoff bei Tieren das Immunsystem (saldo 15/05). Ob E 150a gleich auf Menschen wirkt, ist noch nicht erwiesen.
Antioxidationsmittel:
Drei Viertel der Produkte sind mit Zitronensäure (E 330) versetzt, um geschmackliche und farbliche Veränderungen im Kontakt mit Sauerstoff zu vermeiden. Der Stoff weist ein gewisses Gefahrenpotenzial für Allergiker auf. Dasselbe gilt für Natriumcitrat (E 331), das in vier Produkten zum Einsatz kommt. Positiv fallen indes Getränke auf, die als Antioxidationsmittel die unproblematische Ascorbinsäure (E 300) enthalten.
Konservierungsmittel:
Ein Drittel der untersuchten Aromawasser enthält die beiden Konservierungsmittel Kaliumsorbat (E 202) und Natriumbenzoat (E 211). Ersteres gilt laut dem «Pulstipp»-Ratgeber «E-Nummern» als unbedenklich. Letzteres hingegen fällt unter die Kategorie «unbedingt zu meiden». Ein Fünftel ist mit Dimethyldicarbonat (E 242) versetzt, dessen «Gefahrenpotenzial zu beachten» ist. Heikel sind diese Stoffe besonders für Allergiker.
Süssstoffe:
Flauder von der Mineralquelle Gontenbad enthält als einziges Getränk den Süssstoff Aspartam (E 951). Dieser Zusatzstoff ist «unbedingt zu meiden», gerade von Allergikern und migräneanfälligen Menschen. Alle anderen sind mit Acesulfam K gesüsst. Dieses birgt jedoch ebenfalls ein gewisses Gefahrenpotenzial.