Per Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012 hoben die SBB die Billetttarife im Schnitt nach eigenen Angaben um 5,2 Prozent an. Doch der Durchschnitt täuscht: Wer etwa ein Zugbillett der 2. Klasse von Islikon TG nach Oberwinterthur ZH löst, zahlt neu 9 Franken. Bis zum Fahrplanwechsel kostete diese 8 Kilometer lange Strecke Fr. 3.40. Der Preis stieg also um weit mehr als das Doppelte. Noch höher ist die Zunahme beim 1.-Klass-Billett.


Statt Streckentickets gibt es nur noch Zonenbillette

Das ist kein Einzelfall. Viele Bahnverbindungen wurden im Dezember massiv teurer. Beispiele: Richterswil ZH–Siebnen-Wangen SZ in der 2. Klasse um 37,5 Prozent, Zug–Mettmenstetten ZH um 76 Prozent und Dietikon ZH–Neuenhof AG um 111,8 Prozent (siehe Tabelle).

Grund dafür ist der Zusammenschluss des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) mit den angrenzenden Tarifbereichen zum sogenannten Z-Pass. Seit dem Fahrplanwechsel bildet das Gebiet von Aarau bis Weinfelden TG und von Schaffhausen bis Brunnen SZ eine gemeinsame Tarifzone.

Für Reisen von einem Ort im ZVV-Gebiet zu einem Ort im Nachbarverbund sind keine Streckentickets mehr erhältlich, sondern nur noch Zonenbillette (Einzelbillette oder Tageskarten). Darin eingeschlossen sind alle öffentlichen Verkehrsmittel von der Bahn übers Schiff bis zu Bus und Tram. Es gilt also der Grundsatz: Ein Ticket für alles. Das mag für jene, die am Start- und Zielort der Bahn weitere öffentliche Transportmittel benützen, komfortabler und günstiger sein. Wer aber nur mit dem Zug fährt, zahlt gegenüber früher meist deutlich mehr.

Wer in der Stadt Zürich inklusive Agglomeration unterwegs ist, benützt wahrscheinlich mehrere Verkehrsmittel und steigt am Bahnhof auf Tram oder Bus um. Ausserhalb der städtischen Zentren dürfte nur eine Minderheit der Reisenden am Zielort noch weitere Transportmittel benützen. Sie alle zahlen für eine Mehrleistung, die sie gar nicht brauchen.


Der Preisüberwacher hat keine Handhabe gegen die Preisaufschläge

Bei Preisüberwacher Stefan Meierhans gingen wegen der massiven Preiserhöhungen rund 50 Beschwerden ein. Meierhans sind aber die Hände gebunden, da er gegen Preiserhöhungen im Regionalverkehr keine rechtliche Handhabe hat. Dennoch macht er seinem Ärger Luft. Für Kunden, welche die Vorteile der Tarife nicht nutzen können, seien die Zonentarife «hochgradig benachteiligend». Sein Vorschlag: Im Sinn der Verursachergerechtigkeit sollten Bahnkunden deshalb zwischen Zonen- und Streckenbilletten wählen können.

Für Beatrice Henes, Sprecherin Z-Pass, kommt die Wahl zwischen Streckenbilletten und Verbundtickets nicht in Frage. Laut ihr wäre das «technisch nicht umsetzbar» und «für die Kunden kompliziert in der Anwendung». Der Z-Pass sei aufgrund eines Auftrags der Kantone Aargau, Thurgau, St. Gallen, Schaffhausen, Zug, Schwyz sowie Zürich realisiert worden und entspreche dem Willen dieser Kantone. Henes räumt ein, dass Personen, die nur die Bahn nützen, «tendenziell mehr» zahlen als früher. «Dass es bei Systemumstellungen für gewisse Verbindungen zu Preissprüngen kommt, ist unvermeidlich.»   


Z-Pass: Zu komplizierter Billettkauf

Das neue Z-Pass-Tarif­system hat nicht nur zu massiven Preiserhöhungen geführt, sondern auch den Ticketkauf deutlich verkompliziert. Wer beispielsweise am Automaten oder übers Internet ein Billett von Wohlen AG nach Zürich lösen möchte, hat die Qual der Wahl: Nicht weniger als acht verschiedene Reisewege werden für die Strecke angeboten.

Etwa «via BremgartenDietikon», «via Rottenschwil-Oberlunkhofen» oder «via alle Zonen». Die Preise (2. Klasse, mit Halbtax) schwanken zwischen Fr. 7.20 und Fr. 13.50. Ohne fundierte Geografiekenntnisse oder ein intensives Studium des Z-Pass-Zonenplanes ist es fast unmöglich, das richtige Billett zu lösen. Auch andere Verbindungen überfordern den Kunden mit einer Vielzahl von Streckenvarianten. Trotzdem dürfen Personen, die mit dem falschen Billett im falschen Zug erwischt werden, nur in gut begründeten Fällen mit einem Pardon der Kontrolleure rechnen. In der Regel müssen sie eine reduzierte Busse als Schwarzfahrer von 70 Franken zahlen.

Z-Pass-Sprecherin Beatrice Henes gibt zu, dass der  Ticketkauf zu kompliziert geworden ist: «Die Thematik ist erkannt, an einer Lösung wird ge­arbei­tet.» Jedoch wird die Verbesserung auf sich warten lassen, denn bei allen Verbindungen müssen die Wahlmöglichkeiten manuell verringert werden. Bis dahin empfiehlt Henes verunsicherten Reisewilligen, sich per ZVV-Kontaktnummer 0848 988 988 (8 Rappen/Minute vom Festnetz) Hilfe zu holen oder das Billett am Schalter zu lösen. So einer vorhanden und geöffnet ist.