Familien mit Kindern und einem guten Einkommen können sich freuen. Sie werden ab Januar 2011 weiter entlastet. Diesmal bei der direkten Bundessteuer. Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern und einem steuerbaren Einkommen von 100?000 Franken – beide Eltern sind erwerbstätig, beide Sprösslinge werden fremdbetreut. Heute beträgt die direkte Bundessteuer für sie 2171 Franken.
Künftig zahlt die Familie, wenn sie den maximalen Abzug für die Fremdbetreuung der Kinder machen kann, nur noch 525 Franken. Für die Reduktion um 76 Prozent gibt es zwei Gründe:
- Hauptsächlich ist die Reduktion von 2171 auf 525 Franken auf die Reform der Familiensteuern zurückzuführen, die Anfang 2011 in Kraft tritt – mit einer merklichen Erhöhung der Fremdbetreuungs- und Kinderabzüge.
- Zum kleineren Teil ist sie eine Folge davon, dass auf den 1. Januar 2011 die kalte Progression ausgeglichen wird (dieser Ausgleich macht Steuererhöhungen infolge der Inflation rückgängig).
Familie zahlt 2009 tausend Franken weniger als 2000
Die Familiensteuer-Reform ist nur die neuste Entlastungsrunde für Familien mit Kindern. In dieser Kategorie zeigt der Steuertrend schon seit Jahren klar nach unten, und dies nicht nur bei der direkten Bundessteuer, wie die Zahlen der Eidgenössischen Steuerverwaltung belegen.
Beispiel: Ein Vergleich der Jahre 2000 und 2009 anhand einer traditionellen Familie. Der Vater ist Angestellter, die Mutter kümmert sich um die zwei Kinder. Die weiteren Eckwerte:
- Bruttolohn 2000: 70?000 Franken
- Bruttolohn 2009: 76?500 Franken, was nach Abzug der aufgelaufenen Teuerung dem Lohn von 2000 entspricht
- Lohnabzüge für AHV/IV, Arbeitslosenversicherung und Pensionskasse insgesamt 11,05 Prozent
- Berücksichtigt werden zudem Krankenkassenbeiträge, Berufsauslagen und weitere Abzüge sowie allfällige Krankenkassen-Verbilligungen.
Diese Familie zahlte im Jahr 2000 auf den drei Ebenen Bund, Kanton und Gemeinde Einkommenssteuern von 4914 Franken. 2009 waren es noch 3856 Franken – eine markante Abnahme um gut 1000 Franken oder 21 Prozent (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Diese Zahlen stellen den Durchschnitt in den 26 Kantonshauptorten dar. Nur wenige Städte tanzten aus der Reihe und hielten die Steuern für die Familie mit den zwei Kindern konstant oder erhöhten sie sogar: Glarus, Neuenburg, Stans und Solothurn.
Umso stärker fielen sie in einigen anderen Kantonshauptorten. In Bellinzona, Genf, Liestal und Zug gingen sie um mehr als die Hälfte zurück.
Auch Ehepaare ohne Kinder von Steuern entlastet
Entlastet wurden zwischen 2000 und 2009 auch Ehepaare ohne Kinder – wenn auch weniger stark. Bei gleichem Bruttolohn wie die vierköpfige Familie zahlte ein entsprechender Ein-Verdiener-Haushalt im Jahr 2000 rund 6950 Franken Einkommenssteuern.
Neun Jahre später machten sie noch etwas mehr als 6600 Franken aus – eine Abnahme um etwa 5 Prozent. Auch dies sind Durchschnittszahlen aus den 26 Kantonshauptorten.
Wehe aber, jemand blieb in den letzten zehn Jahren ledig. Er oder sie musste bei gleichem Lohn schon im Jahr 2000 viel mehr Steuern abliefern als Verheiratete: im Schnitt der Kantonshauptorte 9873 Franken. Bis 2009 kamen weitere rund 400 Franken dazu.
Die grössten Milchkühe bei den Einkommenssteuern sind indes die alleinstehenden Rentner. Sie können keine Abzüge mehr für AHV, Pensionskassen und Berufsauslagen machen. Deshalb bekommen sie die progressiven Steuertarife voll zu spüren.
Bei einem Renteneinkommen, das den erwähnten Bruttolöhnen entspricht, resultierten im Jahr 2000 Steuern von 10'136 Franken. 2009 wurde ein Rentner oder eine Rentnerin gar mit rund 13'000 Franken geschröpft – eine Zunahme um 28 Prozent.
Ist das gerecht? Ist es fair, dass heute ein Single bei gleichem Einkommen über zweieinhalb Mal so viel Steuern berappen muss wie ein Ehepaar mit zwei Kindern? Und ein Rentner sogar dreieinhalb Mal so viel? Und was hat der Zivilstand einer Person mit seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu tun? Immerhin müssten laut Bundesverfassung die Steuern auf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit basieren.
Politik fordert noch mehr Privilegien für Verheiratete
Dem Finanzdepartement von Bundesrat Hans-Rudolf Merz sind die enormen Unterschiede noch nicht gross genug. Es verkauft die neuerliche Entlastung, welche 2011 in Kraft tritt, mit der «Steuergerechtigkeit zwischen Personen mit und solchen ohne Kindern, die verbessert werden soll». Kein Wort zum Zivilstand, der ebenfalls für die Höhe der Steuern relevant ist.
Singles sind in vielerlei Hinsicht benachteiligt (saldo 14/06). Bei den Pensionskassen kommt ein Teil ihrer Prämien den Versicherten mit Angehörigen zugute. Das Gleiche gilt bei der AHV/IV, der Unfall- und der Arbeitslosenversicherung.
Im Laden zahlen Alleinstehende wegen der kleineren Packungen im Schnitt höhere Preise. SBB und andere Transportunternehmen, Versicherungen und viele andere Firmen geben Paaren und Familien Vergünstigungen, von denen Alleinstehende nur träumen können.
Und als ob das alles noch nicht genug wäre: Singles können auch einkommensmässig nicht mithalten. Zum Beispiel, was das verfügbare Einkommen betrifft (Bruttoeinkommen minus die obligatorischen Ausgaben wie Steuern und Krankenkasse).
Haushalte mit einer Person haben im schweizerischen Durchschnitt ein verfügbares Einkommen von nur gerade 3982 Franken. Das ist im Vergleich zu den Haushalten mit zwei Personen 43 Prozent weniger. Und im Vergleich mit 3- und 4-Personen-Haushalten nur ungefähr die Hälfte (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Trotzdem übertrumpfen sich die politischen Parteien mit immer neuen Forderungen, um den Verheirateten noch mehr Privilegien einzuräumen – egal, ob es sich um Millionäre handelt oder nicht. Da Alleinstehende schon heute in vielerlei Hinsicht benachteiligt sind, hat das kaum etwas mit Gerechtigkeit, aber viel mit Stimmenfang zu tun.
Verheiratete sind das ergiebigste Stimmenreservoir. Gemäss Volkszählung gibt es in der Schweiz 1,9 Millionen Familien-, jedoch nur 1,1 Millionen Einpersonen-Haushalte.
Steuerverteilung: Die Single-Strafe
Lange Zeit hat ein Begriff die Steuerdebatten dominiert: die Heiratsstrafe. Er brachte die Ungerechtigkeit auf den Punkt, dass Mann und Frau massiv höher besteuert werden, sobald sie vor den Traualtar treten. Das war so lange der Fall, als beide Einkommen zusammengezählt und wegen der Steuerprogression zu einem höheren Satz besteuert wurden.
Bund und Kantone führten verschiedene Steuerreformen durch, um die Heiratsstrafe zu mildern oder zu beseitigen. Stichworte: separate Tarife für Verheiratete, (Teil-)Splitting und Zweitverdiener-Abzug. Weitere Reformen führten zu höheren Abzügen für Kinder und ihre Fremdbetreuung. Und schon liegen neue Forderungen in der Luft. Die SVP will mit ihrer Familieninitiative Eltern Betreuungsabzüge ermöglichen, wenn sie sich selbst um die Kinder kümmern.
Jemand muss all diese Entlastungen bezahlen: Es sind die Ledigen und die Verwitweten. Ihre Steuern sind heute im Vergleich zu den Verheirateten derart hoch, dass man von einer Single-Strafe sprechen muss. Die Beseitigung der Heiratsstrafe hat zu einer neuen Ungerechtigkeit geführt.