Für dieses Buch braucht man einen ­langen Atem. Auf 600 Seiten skizziert Niall Ferguson ein Katastrophen­szenario, das an das Weltuntergangs-Triptychon des niederländischen Malers ­Hieronymus Bosch (1450–1516) erinnert. Der Autor lässt kaum eine Katastrophe der letzten 1500 Jahre aus – von der Justinianischen Pandemie 542 über die Pestzüge des 14. Jahrhunderts bis zur Spanischen Grippe 1918. Er beschreibt die Gräuel der beiden Weltkriege und verheerende Naturereignisse. 

Zuweilen wähnt man sich als Augenzeuge mitten im Desaster. Dem brillanten ­Erzähler geht es jedoch um mehr als die Schilderung des Grauens. Er zeigt, inwieweit Katastrophen prognostizierbar sind und wie man sie meistern könnte. Dabei unterscheidet er drei Arten von Katastrophen: Bei «grauen Nashörnern» handelt es sich um vermeidbare Katastrophen wie etwa die Überschwemmung der US-Stadt New Orleans nach dem Hurrikan Katrina 2005. ­«Schwarze Schwäne» sind Ereignisse, die man hätte erahnen können und die dann aus dem Ruder laufen – etwa der Erste Weltkrieg. «Drachenkönige» sind Katastrophen, vor denen es kein Entrinnen gibt: Einschläge von Asteroiden oder Vulkanausbrüche wie jener des Toba auf Sumatra vor 74 000 Jahren, der fast alles Leben auslöschte.

Die Coronapandemie ist für Ferguson ein «schwarzer Schwan». Sie zeigt, was passiert, wenn Behörden unkoordiniert handeln. Als Gegenbeispiel nennt er die Asiatische Grippe, welche die USA 1957 heimsuchte. Die Regierung verzichtete auf Lockdowns. Sie begegnete dem Virus mit einer «Mischung aus dem Streben nach natürlicher Herden­immunität und selektiver Impfung» – und ­hatte so Erfolg.

Niall Ferguson, «Doom. Die grossen Katastrophen der Vergangenheit und einige Lehren für die Zukunft», DVA, München 2021, ca. 42 Franken