Verlorener Schlüssel auf der Goldwaage
Verliert ein Angestellter den Firmenschlüssel, kann er zur Kasse gebeten werden. Der Betrieb muss aber alles tun, um den Schaden gering zu halten.
Inhalt
saldo 17/2002
23.10.2002
Das war eine böse Überraschung: Hans Röthlisberger (Name geändert) erhielt von seinem Arbeitgeber eine Rechnung über 25 000 Franken. Diesen stolzen Betrag sollte Röthlisberger zahlen, weil er während einer Wanderung seinen Geschäftsschlüssel verloren hatte und die Firma darauf sämtliche Schlösser auswechseln liess.
Seine Haftpflichtversicherung weigerte sich, den Schaden zu übernehmen. Deshalb meldete sich Röthlisberger bei der saldo-Hotline und wollte wissen, ob die ...
Das war eine böse Überraschung: Hans Röthlisberger (Name geändert) erhielt von seinem Arbeitgeber eine Rechnung über 25 000 Franken. Diesen stolzen Betrag sollte Röthlisberger zahlen, weil er während einer Wanderung seinen Geschäftsschlüssel verloren hatte und die Firma darauf sämtliche Schlösser auswechseln liess.
Seine Haftpflichtversicherung weigerte sich, den Schaden zu übernehmen. Deshalb meldete sich Röthlisberger bei der saldo-Hotline und wollte wissen, ob die Forderung seines Arbeitgebers tatsächlich berechtigt ist und wie er angesichts der happigen Forderung des Arbeitgebers vorgehen solle.
Kein grobes Eigenverschulden nachweisbar
Das Gesetz gibt dazu keine klare Antwort. Für die Frage der Höhe des Schadenersatzes kommt es im Wesentlichen darauf an, wie Röthlisberger den Schaden verursacht hat. Bei Absicht müsste er für den vollen Schaden aufkommen, bei grobfahrlässigem Handeln zumindest für einen grossen Teil.
Beides war aber nicht der Fall: Der unglückliche Wanderer hatte lediglich vergessen, den Reissverschluss an seiner Jackentasche zuzuziehen. Es kann somit nur von leichter Fahrlässigkeit die Rede sein. Das Verschulden am Verlust des Schlüssels ist gering. Deshalb müsste Röthlisberger höchstens für einen kleinen Teil des Schadens aufkommen.
Arbeitgeber muss Schaden möglichst gering halten
Die Gerichte haben bei der Schadenersatzbemessung zusätzliche Grundsätze entwickelt, die auch auf verlorene Schlüssel anwendbar sind. So haben Geschädigte prinzipiell die Pflicht, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Das gilt für Unfallopfer, für Vermieter wie auch für Arbeitgeber. Im konkreten Fall bedeutet dies: Da Röthlisberger seinen Schlüssel nicht angeschrieben hatte, hätte auch ein unehrlicher Finder nicht herausgefunden, zu welchem Schloss er passt. Es bestand also keine Gefahr, dass Unbefugte in den Betrieb eingedrungen wären. Das Auswechseln aller Schlösser war somit überflüssig.
Hans Röthlisberger war erleichtert. Mit der Schützenhilfe der saldo-Rechtsberatung gelang es ihm, seinen Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass das Auswechseln der Schlösser nicht notwendig gewesen wäre. Nach längerem Hin und Her war der Betrieb bereit, seine Forderung zu reduzieren. Röthlisberger hatte schliesslich nur den Ersatz des verlorenen Schlüssels zu berappen.
Rasmus Dwinger
Haftung bei Schlüsselverlust
- Abmachungen: Im Arbeitsvertrag darf die Haftung des Arbeitnehmers nicht einseitig zu seinen Lasten festgelegt werden. Formulierungen wie «Bei einem Schlüsselverlust sind 12 000 Franken zu zahlen» oder «Der Schlüsselverlust geht auf Kosten des Arbeitnehmers» sind unzulässig.
- Versicherungen: Die meisten Privathaftpflichtversicherungen übernehmen keine Schäden am Arbeitsplatz. Somit wird der Schlüsselverlust in der Regel nicht von der Haftpflichtversicherung übernommen. Es gibt jedoch Gesellschaften, die bei Diebstahl für die Kosten eines Schlüsselverlusts aufkommen.
- Die Geschäftsversicherung des Arbeitgebers zahlt nichts, wenn der Arbeitnehmer seinen Schlüssel verliert.