Kalbfleisch ist sehr teuer. Konventionell hergestellte Kalbsplätzli kosten bei der Migros Fr. 6.70 pro 100 Gramm. Coop verlangt für ein Kalbsplätzli Piccata sogar Fr. 9.35 pro 100 Gramm. Für viele Bauern dagegen ist die Kalbfleischproduktion kein gutes Geschäft: Sie haben die Aufzucht aufgegeben.
Milchbauern sind auf Kälber angewiesen, weil ihre Kühe nur dann viel Milch geben, wenn sie jedes Jahr ein Kalb zur Welt bringen. Es kostet aber viel Zeit und Geld, die jungen Tiere aufzuziehen und zu mästen.
Ein Blick in die Tierverkehrsdatenbank des Bundes zeigt, dass Kälber für manche Bauern wertlos sind: Im Jahr 2022 starben über 22'000 Kälber in den ersten vier Wochen ihres Lebens. Zwanzig Jahre zuvor waren es bei gleich hoher Geburtenzahl nur gut halb so viele Tiere. Der Verdacht: Immer mehr Milchbauern lassen die Kälber heute frühzeitig «verenden», wie es in der Datenbank heisst. Einige Bauern töten die jungen Kälber oder behandeln sie bei Krankheit nicht.
Viele Milchbauern wollen Kälber so rasch wie möglich loswerden
Die Zahlen der Tierverkehrsdatenbank würden darauf hindeuten, dass vor allem «Kälber von Milchrassen unerwünscht sind und nach einigen Tagen auf natürliche oder andere Weise sterben», schreibt der Schweizer Tierschutz. Die Pflege neugeborener Kälber werde auf Milchvieh-Grossbetrieben oft vernachlässigt, da die Aufzucht dieser Kälber nicht rentabel sei.
Viele Milchbauern wollen die Kälber so schnell wie möglich loswerden und an Mastbetriebe verkaufen. Das Tierschutzgesetz schreibt aber vor, dass Kälber in den ersten 21 Tagen nicht transportiert werden dürfen. Die Jungtiere sind in dieser Zeit krankheitsanfällig, weil ihr Immunsystem noch nicht ausgebildet ist.
Daten des Bundes zeigen: In den letzten zwanzig Jahren stiegen knapp 30'000 Vollzeitbeschäftigte aus der Landwirtschaft aus. Gleichzeitig sind die Betriebe gewachsen: Sie produzieren rationeller und konzentrieren sich auf die Milchwirtschaft.
Viele Kälber werden im Winter geboren. Das heisst, es gibt ein Überangebot. Das drückt auf die Preise, welche die Bauern für 20 Tage alte Kälber von den Mastbetrieben erhalten. Zurzeit bekommen sie für ein ganzes Kalb von Milchrassen 200 Franken.
Der Verband der Milchproduzenten Swissmilk schreibt, es gebe Höfe, die Probleme mit der Kälbergesundheit hätten. Es sei aber nie bestätigt worden, dass Bauern Kälber aktiv töten. Die Gesellschaft Schweizer Tierärzte dagegen schrieb 2020: «Es ist nicht vertretbar, dass Milchkälber direkt nach der Geburt getötet werden.»
Eine tiergerechte Haltung schreibt vor, dass Kälber mindestens drei Monate auf dem Geburtsbetrieb bleiben, am besten zusammen mit der Mutter. Dies schreiben folgende Labels und Organisationen vor: «Retour aux sources» (Aldi), «Natura Veal» und «Natura Beef» (Coop) und «Swiss Black Angus» (Migros).
Tipp: Wer Fleisch direkt bei Bauern von Demeter oder der Organisation Muttergebundene Kälberaufzucht kauft, unterstützt die kälberfreundliche Haltung. Weitere Informationen unter Demeter.ch und Mu-ka.ch.