Die Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic hat vor kurzem zwei neue Medikamente gegen Migräne zugelassen: Vydura und Aquipta. Es sind die ersten Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der Gepante. Diese blockieren schmerzverstärkende Rezeptoren im Gehirn oder sollen so Migräneanfälle verhindern sowie akute Schmerzen lindern. «Migraine Action», eine Organisation von Fachleuten, preist auf ihrer Website Gepante-Medikamente als «Hoffnungsträger» in einer «neuen Ära der Migränetherapie» an.
Vergleich mit bewährten Medikamenten fehlt
Unabhängige Spezialisten wie der Arzt Etzel Gysling aus Wil SG raten zur Zurückhaltung. Der Herausgeber der Zeitschrift «Pharma-Kritik» kommt zum Schluss, dass Vydura eine «verhältnismässig bescheidene Wirkung» hat. Es sei nicht nachgewiesen, dass es besser wirke als bisherige Medikamente.
Zwar zeige eine Studie, dass jeder fünfte Patient, der einen akuten Migräneanfall erleide, zwei Stunden nach der Einnahme des Medikaments keine Schmerzen mehr habe. Das sei leicht besser als ein Placebomittel, sagt Gysling, aber es fehle der Vergleich mit wirksamen und bewährten Triptan-Medikamenten, zum Beispiel Naramig, Almogran oder Sumatriptan-Mepha.
Diese Ansicht teilt auch die «Gesundheitstipp»-Ärztin Martina Frei: «Der Hersteller hätte vergleichen sollen, wie Vydura im Vergleich zu etablierten Migräne-Medikamenten abschneidet. Nur so lässt sich sagen, ob es besser wirkt als Triptane.» Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie mit Sitz in Berlin empfiehlt bei einer akuten Migränebehandlung denn auch, an erster Stelle Schmerzmittel und Triptane einzusetzen.
Das Neue an Vydura: Das Mittel ist nicht nur gegen akute Migränebeschwerden zugelassen, sondern auch, um sich vor Migräneattacken zu schützen. Das Medikament Aquipta dagegen ist nur für den Migräneschutz zugelassen.
Doch selbst bei der Migräneprophylaxe verglichen die Hersteller das Medikament einzig mit Placebos und nicht mit wirksamen und bereits erhältlichen Medikamenten. Fachleute empfehlen deshalb, auf bewährte Medikamente wie Betablocker oder das Blutdruckmittel Sibelium zu setzen. Aber auch das Antidepressivum Saroten und Epilepsiemittel wie Convulex oder Topamax sind wirksame Alternativen.
Patienten zahlen bis 4580 Franken pro Jahr
Gepante-Medikamente sind teuer. Die Vydura-Tablette gegen eine Migräneattacke kostet rund 25 Franken, eine Tablette des etablierten und gut wirksamen Triptan-Generikums Sumatriptan nur Fr. 4.60. Sehr teuer wird es für Patientinnen und Patienten, die sich mit Vydura vor Migräneanfällen schützen möchten. Sie müssen rund 4580 Franken pro Jahr zahlen. Zum Vergleich: Der bewährte Betablocker Beloc kostet jährlich nur 95 Franken. Der Preis von Aquipta ist noch nicht bekannt.
Hersteller Pfizer schreibt, dass man Medikamente für die Zulassung «standardmässig» gegenüber Placebos überprüfe. In diesen Untersuchungen habe Vydura bei einem akuten Migräneanfall die Schmerzen schneller gelindert. Zudem habe das Mittel die monatlichen Migränetage «um mindestens die Hälfte» reduziert, wenn man es zum Schutz einnehme. Hersteller Abbvie schreibt, sein Medikament Aquipta decke einen Bedarf für «zusätzliche Therapieoptionen» ab.
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So schützen Sie sich vor Migräne
- Gehen Sie jeden Tag zur gleichen Zeit zu Bett, und stehen Sie zur gleichen Zeit auf – auch am Wochenende.
- Essen Sie regelmässig und lassen Sie keine Mahlzeit aus.
- Trinken Sie täglich mindestens 1,5 Liter Wasser.
- Praktizieren Sie die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder machen Sie Yoga, Tai-Chi oder Qigong.
- Absolvieren Sie drei bis vier Mal pro Woche ein moderates Ausdauertraining.
- Führen Sie ein Migräne-Tagebuch, um Ihre Auslöser für Attacken herauszufinden.
- Nehmen Sie sich genügend Zeit zum Abschalten und Entspannen. Sagen Sie Nein, wenn es Ihnen zu viel wird.
- Haben Sie Geduld und Nachsicht mit sich selbst.