Stichprobe - Brillen: Undurchsichtige Preispolitik der Optikergeschäfte
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saldo 6/2001
28.03.2001
Es lohnt sich, genauer hinzuschauen: Die Preisunterschiede bei Brillen sind teilweise unglaublich gross.
Jeder Zweite in der Schweiz tr?gt eine Brille. Und gibt daf?r laut Aussage verschiedener Optiker im Schnitt alle drei bis vier Jahre zwischen 250 und 700 Franken aus. Immer h?ufiger gehen dabei auch Markenbrillen mit klangvollen Namen wie Armani, Gucci oder Calvin Klein ?ber den Ladentisch.
Solche Labels sind nicht mehr allein Sache der traditionellen Optikerges...
Es lohnt sich, genauer hinzuschauen: Die Preisunterschiede bei Brillen sind teilweise unglaublich gross.
Jeder Zweite in der Schweiz tr?gt eine Brille. Und gibt daf?r laut Aussage verschiedener Optiker im Schnitt alle drei bis vier Jahre zwischen 250 und 700 Franken aus. Immer h?ufiger gehen dabei auch Markenbrillen mit klangvollen Namen wie Armani, Gucci oder Calvin Klein ?ber den Ladentisch.
Solche Labels sind nicht mehr allein Sache der traditionellen Optikergesch?fte. Sie werden auch von Optikerketten wie Visilab, Fielmann oder Optic 2000 angeboten. Ihr Marktanteil liegt bereits zwischen 15 und 25 Prozent, wie G?rard Eyb, Pr?sident des Schweizerischen Optikerverbandes, gegen?ber saldo erkl?rte.
Qualit?tsbewusste Schweizer Brillentr?ger
Diese Entwicklung hat Folgen f?r die ganze Branche: «Durch den Auftritt der
Billiganbieter hat sich das Preisbewusstsein der Schweizer Konsumenten verst?rkt», meint Eyb weiter. Aber: Das Schweizer Publikum sei qualit?tsbewusst. Wenn ein Produkt in einfacher und aufw?ndiger Ausf?hrung vorliege, w?rde in der Regel
das teurere gew?hlt. Stefan Diepenbrock vom deutschen Zentralverband der Augenoptiker macht andere Erfahrungen: «Der deutsche Kunde schaut eher auf den Preis und ist weniger markenorientiert als der durchschnittliche Schweizer».
Verl?ssliche Zahlen ?ber die allgemeine Preisentwicklung im Brillenhandel sind nicht erh?ltlich. Die Branche gibt aber zu: Tiefpreisangebote sind immer h?ufiger.
Fielmann nicht immer am g?nstigsten
saldo wollte Genaueres wissen. Eine Stichprobe bei zw?lf Optikern in der Schweiz sowie im grenznahen Deutschland und ?sterreich ergab eklatante Unterschiede f?r ein und dasselbe Brillenmodell.
Gefragt wurde nach den Preisen von vier Markenfassungen, dazu passenden Brillengl?sern sowie zwei Sonnenbrillen. Fazit: Bei den Brillengestellen sind die Preisunterschiede unglaublich happig. F?r die Markenfassungen Calvin Klein 252 werden zwischen Fr. 86.80 (Hepp Optik, Konstanz) und 390 Franken (Optik Stieve, Z?rich) verlangt, bei der Gucci 1647 zwischen 215 und 390 Franken. Pikantes Detail: Nicht alle von saldo angefragten Optiker waren bereit, eine Offerte zu machen. Preistransparenz scheint nicht ?berall gefragt zu sein.
In der Schweiz ist Fielmann nicht immer am g?nstigsten – trotz seiner vollmundigen Werbung. «Sieht der Kunde eine bei uns gekaufte Brille innerhalb von sechs Wochen nach den Kauf anderswo g?nstiger, bekommt er sein Geld zur?ck und noch eine Flasche Champagner dazu», umwirbt er seine Kunden. Dreimal wurde er von Visilab unterboten, der ?ltere Modelle gerade in einer vor?bergehenden Aktion zum halben Preis abst?sst.
Ein Vergleich mit dem Ausland zeigt, dass grenznahe Optiker ihre Brillenfassungen fast durchwegs g?nstiger anbieten als ihre Schweizer Branchenkollegen, teilweise auch billiger als der in Deutschland gross gewordene Fielmann. Ber?cksichtigt wurde beim Preisvergleich der Mehrwertsteuer-Vorteil von Schweizer Kunden: Sie k?nnen an der Grenze die deutsche Steuer von 16 Prozent oder die ?sterreichische von 20 Prozent zur?ckverlangen, m?ssen dann aber den Schweizer Mehrwertsteuersatz von 7,6 Prozent dazurechnen.
Verkauf zum dreifachen Einstandspreis
Dass Visilab und Fielmann ihre Markengestelle g?nstiger anbieten als kleinere
Optikergesch?fte, hat einen Hauptgrund: Sie erreichen beim Zwischenhandel bessere Konditionen, weil sie gr?ssere St?ckzahlen umsetzen. Dem von Konkurrenten
vorgebrachten Vorwurf, er w?rde ?ltere Auslaufmodelle verschiedener Markenlabels als Lockvogel auf dem Graumarkt in Spanien oder Portugal einkaufen, widerspricht Fielmann-Chef Thomas L?hr: «Das sind Ammenm?rchen. Wir beziehen einen Teil der Ware ?ber Deutschland, das ist sicher ein Preisvorteil. Aber sonst kaufen wir dort ein, wo alle anderen einkaufen.» Bei Fielmann Schweiz sei ?brigens bereits jede
zweite verkaufte Brille eine Markenfassung, obwohl eigene Brillengestelle produziert w?rden. Einige seiner Modelle l?sst Fielmann in China herstellen und verkauft sie f?r Fr. 19.90.
Mit den Preisen der Optikerketten halten die konventionellen Optiker teilweise nicht mit. Sie beschr?nken sich h?ufig auf punktuelle Preisangebote oder spezialisieren sich durch die Auswahl ihrer Fassungen auf ein bestimmtes Publikum.Oder sie schliessen sich zu Einkaufsgemeinschaften zusammen. Den Zwischenhandel umgehen k?nnen sie allerdings selten. Im Laden selbst verkaufen die traditionellen Fachgesch?fte laut einem Z?rcher Optiker die Brillengestelle dann zum dreifachen Einstandspreis.
Ihre h?heren Preise wollen die Optiker mit fachkundiger Beratung kompensieren. «Man kann doch einen Porsche nicht zum Preis eines VW kaufen», ?rgert sich Franziska Scheerer von Optik Stieve. «Der anspruchslose, nicht modebewusste Kunde ist bei Discountern gut aufgehoben. Bei komplizierteren Sehschw?chen ist eine gute Beratung f?r das richtige Glas aber wichtig.» Thomas L?hr von Fielmann
widerspricht: «Die Mehrheit unserer Mitarbeiter wurde von Schweizer Mitbewerbern ausgebildet. Zudem kaufen wir regelm?ssig die aktuellsten Kollektionen grosser Marken ein.»
Grosse Preisunterschiede ergab die saldo-Stichprobe nicht nur bei den Fassungen. Ein ?hnliches Bild zeigte sich bei den Kosten der dazu passenden Gl?ser. saldo liess sich die Preise f?r zwei bestimmte Korrekturen nach Rezept offerieren. Resultat: Die Gl?ser f?r eine leicht kurzsichtige Person mit kleiner Hornhautverkr?mmung kosten 113 bis 204 Franken. Beim zweiten Rezept (mittlere Kurzsichtigkeit, starke Hornhautverkr?mmung) liegen die Preise zwischen 161 und 462 Franken.
Bei den Offerten mit korrigierten Gl?sern war der
Service ?brigens unterschiedlich. Das Problem: Bei einer starken Korrektur wie beim zweiten Rezept werden die Gl?ser sehr dick. Sie sind
f?r zierliche Metallfassungen nicht geeignet. Die kleineren Optikergesch?fte und Grand Optical ber?cksichtigten diesen ?sthetischen Aspekt und gaben verschiedene Preise nach Qualit?t und Dicke der Gl?ser an. Fielmann und Visilab gingen nicht auf die Glasdicke ein und offerierten den g?nstigsten Standardpreis von 192 oder 196Franken.
Preisunterschiede auch bei den Sonnenbrillen
Auch bei den Sonnenbrillen lohnt sich vor dem Kauf ein Blick auf das Preisschild. Die Kosten pro Modell variierten bei der Stichprobe um 100 Prozent. Bei Visilab war das Modell von Dolce & Gabbana zum halben Preis zu haben (87 Franken),gefolgt von Grand Optical (118 Franken). Fielmann war Fr. 1.50 teurer als normale
Optiker, was von Gesch?ftsf?hrer Thomas L?hr nicht bestritten wird. Er wird f?r seine Kunden einige Flaschen Champagner k?hl stellen m?ssen.
Melanie Herr
Brillengl?ser - Das ?bernimmt die Krankenkasse
Das Gesetz ?ber die obligatorische Krankenversicherung verpflichtet die Krankenkassen, Beitr?ge an die Brillengl?ser und Kontaktlinsen zu bezahlen, jedoch nicht an das Brillengestell. Maximal wird den Versicherten ab vollendetem 18. Altersjahr alle f?nf Jahre 200 Franken f?r eine neue Brille verg?tet. Das erste Mal muss eine ?rztliche Verordnung vorgelegt werden, danach gen?gt das Rezept des Augenoptikers. Bis zum 18. Geburtstagm?ssen die Krankenkassen jedes Jahr bis 200 Franken zahlen, allerdings nur auf ?rztliche Verordnung hin. F?r bestimmte Augenkrankheiten gelten Sonderregelungen mit Beitr?gen bis 1400 Franken.