Esther Gerber hatte als Briefträgerin viel Stress. Für Sport und Kochen blieben weder Zeit noch Energie. «Ich machte keinen Sport und ernährte mich mit vielen Fertigprodukten», erinnert sich die heute 68-Jährige aus Ostermundigen BE. Sie leidet unter hohem Blutdruck. Deshalb nimmt sie seit vielen Jahren den Blutdrucksenker Olmesartan.
Doch inzwischen hat sie ihr Leben umgestellt: Sie spaziert regelmässig mit dem Hund eines Bekannten, wandert und geht ins Fitnessstudio. Und sie kocht ausgewogen – etwa Linsen, viel Gemüse und Vollkornprodukte. Das hat sich gelohnt: Sie nahm zehn Kilo ab. Gerber sagt: «Wenn ich so leben würde wie vorher, müsste ich heute wohl mehr Medikamente nehmen.»
Dank einem gesunden Lebensstil kann man den Blutdruck senken. So muss man weniger Medikamente nehmen oder kann diese ganz vermeiden. Die deutsche Fachzeitschrift «Gute Pillen – schlechte Pillen» hat zusammengestellt, was man konkret tun kann, um den Blutdruck zu senken und so das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle um zehn Prozent zu minimieren.
- Vier Kilo weniger Gewicht: Wer vier Kilo abnimmt, senkt den oberen Blutdruck um vier bis fünf Einheiten – zum Beispiel von 150 auf 145. Das zeigten Wissenschafter der internationalen Cochrane-Organisation in einer Auswertung aus dem Jahr 2021.
Tipp: Auf extreme Diäten verzichten. Langfristig erhöhen sie das Gewicht. Der Zürcher Arzt Thomas Walser sagt: «Zum Abnehmen eignet sich besonders Intervallfasten gut.» Dabei verzichtet man jeden Tag aufs Frühstück oder das Abendessen. Zwischenmahlzeiten lässt man weg. Empfohlen sind viel Obst, Gemüse, Nüsse sowie Ballaststoffe aus Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten.
Ebenfalls sollte man nur gesunde Öle wie Oliven- oder Rapsöl konsumieren und ungesunde Fette vermeiden. Diese stecken zum Beispiel in Fleisch.
- Pro Tag einen Teelöffel weniger Salz essen: Salz erhöht das Volumen in den Blutgefässen und lässt den Blutdruck ansteigen. Mit vier Gramm weniger pro Tag senkt man den oberen Wert nochmals um fünf Einheiten. Das entspricht etwa einem gestrichenen Teelöffel Salz. Das zeigt eine Übersichtsstudie aus Dänemark.
Tipp: Auf salzige Lebensmittel wie Fertiggerichte, salzige Snacks, gepökeltes oder geräuchertes Fleisch verzichten. Stattdessen zu frischen und unbehandelten Lebensmitteln greifen. Ernährungsberaterin Beatrice Fischer aus Kehrsatz BE sagt: «Mit Gewürzen und Kräutern kann man Salz zum Teil ersetzen.»
- Täglich eine halbe Stunde zügig spazieren:Regelmässige Bewegung senkt den Blutdruck um weitere vier Einheiten. Dafür muss man sich nicht extrem anstrengen. Ein moderates Training genügt – etwa jeden Tag eine halbe Stunde zügig gehen oder dreimal in der Woche eine halbe Stunde Velo fahren. Die Cochrane-Forscher werteten dazu 73 Studien mit 6000 Patienten aus. Der Sportwissenschafter Ingo Froböse von der deutschen Sporthochschule Köln bestätigt: «Das ist ideal, um den Blutdruck zu senken.» Die Gefässe würden sich dabei dehnen und wieder zusammenziehen. Das verbessert deren Elastizität.
Tipp: Die Bewegung in den Alltag einbauen – etwa mit dem Velo zur Arbeit fahren, auf den Lift verzichten, Treppen steigen, für kurze Strecken das Auto zu Hause lassen und zu Fuss gehen. Froböse: «Am besten atmet man während vier Schritten ein und während vier Schritten aus – dann hat man das richtige Tempo.»
- Mit dem Rauchen aufhören: Tabakkonsum schadet den Blutgefässen und bewirkt, dass das Blut eher gerinnt. Deshalb haben Raucher ein deutlich höheres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfälle.
Wer mit dem Rauchen aufhört, senkt das Risiko für Herzkrankheiten auf die Hälfte. Zu diesem Resultat kamen Schweizer und amerikanische Forscher. Die Studie erschien 2021 im «Journal of the American Medical Association».
- Weniger Alkohol trinken: Wer regelmässig und viel Alkohol trinkt, leidet eher unter hohem Blutdruck. Aus diesem Grund sollte man Alkohol nur gelegentlich und massvoll geniessen, also zum Beispiel lediglich ein Glas Rotwein pro Tag.
Der Zürcher Herzspezialist Stefan Christen sagt dazu: «Solche Änderungen im Lebensstil sind mindestens so effektiv wie eine Blutdrucktherapie mit Medikamenten – insbesondere, wenn die Massnahmen miteinander kombiniert werden.» Und Thomas Walser rät zu einem Lebensstil mit regelmässigen Abläufen: Es sei gut für den Blutdruck, wenn man täglich um dieselbe Zeit aufstehe und ins Bett gehe.