Ulrich Gygi, Verwaltungsratspräsident der SBB, sagte Ende März an einer Medienkonferenz klipp und klar: «Wir wollen mehr Gewinn machen können.» Gleich­zeitig liess er durchblicken, dass die SBB für Ende Jahr mit einer weiteren Preis­erhöhung liebäugeln: «Preise sind nie tabu.»

Die SBB rechtfertigten die letzte Preiserhöhung im Personenverkehr im Dezember 2012 mit den gestiegenen Preisen für die Benutzung der Gleise. Dieser sogenannte Trassenpreis muss ein Zug pro gefahrenen Kilometer zahlen. Dieser Grundbetrag wird nach Distanz, Gewicht des Zuges, Zeitpunkt der Fahrt und der Anzahl Stopps bemessen. Ein 61-seitiges Dokument regelt diese Preise genau. 

Im letzten Jahr stieg dieser Trassenpreis für die Personenzüge am stärksten.

Passagiere müssen zahlen, Güterkunden hingegen nicht

Doch dieser Grundbetrag deckt die Infrastruktur-grundkosten noch nicht. Dazu ist ein weiterer Deckungsbeitrag vorgesehen. Konkret: Der Personenfernverkehr muss zusätzlich zu den Trassenpreisen 13 Prozent seiner Einnahmen aus dem Billettverkauf und den Gepäckeinnahmen zur Deckung der Infrastruktur-grundkosten abgeben. Beim Regionalverkehr beträgt der Beitrag 8 Prozent. Der Güterverkehr zahlt keine Infrastrukturbeiträge. Während die Passagiere zur Kasse gebeten werden, muss etwa der Zementkonzern Holcim als grosser Güterverkehrskunde nichts zahlen.  

Diese einseitige Kosten­belastung des Personenverkehrs ermöglichte es den SBB, im letzten Geschäftsjahr zu frohlocken, der Güterverkehr habe erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben. Umgekehrt ging der Gewinn beim Personenverkehr trotz Mehreinnahmen von über 200 Millionen Franken zurück. 

Der Beitrag des Fernverkehrs für die Infrastruktur ist erst seit dem letzten Jahr so hoch. Noch 2010 zahlte dieser Bereich nur 8 Prozent. Der Preisüberwacher rügte den Erhöhungsschritt denn auch scharf: Er habe den Eindruck, «dass der Revi­sionsvorschlag in erster Linie darauf abzielt, die gefangenen Kunden des Fernverkehrs stärker zu belasten». Durchsetzen konnte sich Preisüberwacher Stefan Meierhans nicht. Das Departement von Bundesrätin Doris Leuthard zeigte sich unbeeindruckt und blies per 2013 zur Jagd auf die Portemonnaies der Fernverkehrspassagiere. 

Laut Meierhans wird damit «offensichtlich gezielt die hohe Zahlungsbereitschaft ausgenutzt», welche die Fernverkehrskunden zwangsweise hätten. Denn nur im Fernverkehr haben die SBB ein Monopol. Im Unterschied zu Deutschland ist es in der Schweiz Busunternehmen verboten, den SBB auf diesen Strecken Konkurrenz zu machen. Günstige private Buslinen wie etwa Meinfernbus.de (saldo 14/13) sind im Inland nur erlaubt, wenn es kein Bahnangebot gibt. Folge: Die SBB besitzen im Fernverkehr ein Monopol und können hohe Preise verlangen. 

Betriebsaufwand ist im Güterverkehr höher als im Personenverkehr

Selbst beim Stromverbrauch wird bei Personen- und Güterzügen mit zwei Ellen gemessen: Der Güterverkehr und der Regionalverkehr erhalten noch bis 2015 einen Rabatt auf den Strompreis von 10 Prozent. Der Fernverkehr zahlt den vollen Preis. 

Im Klartext: An die Infrastruktur sollen nicht jene zahlen, welche die Kosten verursachen. Sondern die Fernverkehrskunden. Dabei wäre der Betriebsaufwand pro Kilometer im Güterverkehr mit Fr. 35.50 klar höher als im Personenverkehr mit Fr. 30.40. 

Das soll laut dem zuständigen Departement von Doris Leuthard auch künftig so bleiben. Man wolle das Ziel, Güter auf die Bahn zu bringen, nicht gefährden, sagt eine Sprecherin. Der Bundesrat schöpft lieber bei den Passagieren so viel Geld wie möglich ab – weil diese nicht so einfach auf die Strasse ausweichen können wie die Gütertransporteure.