Die NZZ publizierte am 26. Januar ein Interview mit dem russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew. Das Interview führte der Leiter der Wirtschaftsredaktion, Peter A. Fischer. Am Schluss hiess es klein gedruckt: «Übersetzung: Amt des russischen Ministerpräsidenten.»

Hoppla. Übersetzen NZZ-Journalisten Interview­aussagen von Politikern nicht selbst? Lässt sich die NZZ ihre Texte vom Amt des russischen Minister­präsi­denten diktieren?

Die Nachfrage ergab: Fischer spricht Russisch. Das Gespräch fand auf Russisch statt, während des Welt­wirtschaftsforums in Davos. Es wurde von beiden Seiten aufgezeichnet. Laut Fischer habe ihm das Amt des Ministerpräsidenten nach dem Gespräch eine deutsche Version zugeschickt. Die Übersetzung sei korrekt gewesen. Viel habe er nicht geändert.

Interviews mit Wirtschaftsführern oder Politikern sind schwierig zu führen. Immer häufiger ist das OK zu einem Gespräch von einem Deal mit dem Journa­listen abhängig. Und oft versucht die PR-Abteilung danach, den Inhalt weitgehend neu zu schreiben oder ganze Fragen und Antworten zu streichen. Umso wichtiger ist es, dass die der Publi­kation zugrunde liegende Version vom Journalisten stammt. Und nicht direkt aus dem Amt.

Bei Medwedew hat sich die NZZ die Arbeit nicht nur einfach gemacht, sondern sich auch ins gefährliche Fahrwasser der Hofberichterstattung begeben. Immer­hin: Dank dem Hinweis am Ende des Interviews war das Vorgehen für die Leser transparent.