Susanne Ruoff ist seit September 2012 Chefin der Schweizer Post. Seit ihrem Amtsantritt beim Bundesbetrieb hat sie eine ganze Reihe von zum Teil mehrseitigen Interviews gegeben – zum Beispiel der «Aargauer Zeitung», der «Basler Zeitung», dem «Blick» und «Sonntagsblick», dem «Bund», der «Zentralschweiz am Sonntag» oder «Le Temps». 

Dazu kommen Interviews in der «Schweizer Illustrierten» («Ich muss nicht gefallen»), in der «Schweizer Familie» («Mein Lieblingsspielzeug war die Kinderpost») und in «20 Minuten» («Wir prüfen die Drohnentechnik»).

Absage nach einem Monat Wartezeit

Auch saldo und «K-Tipp» hätten gerne ein ausführliches Gespräch mit Susanne Ruoff über ihr Verständnis des Service public der Post geführt. Am 23. März schickte saldo per E-Mail eine entsprechende Anfrage an Oliver Flüeler, Leiter der Post-Medienstelle. Eine Antwort blieb aus. Auch telefonische Nachfragen stiessen ins Leere. Am 10. April schickte saldo ein zweites E-Mail: «Betreffend Zeit und Ort des Interviews richten wir uns nach Ihren Wünschen.» Wiederum keine Antwort. 

Dann endlich am 28. April ein Anruf von Oliver Flüeler. Er habe «keine gute Nachricht». Leider könne Frau Ruoff nicht alle Interview­anfragen erfüllen. Die Prioritäten lägen bei den «poli­tischen Tageszeitungen». Dazu gehören offensichtlich «Schweizer Familie», «Schweizer Illustrierte» und «20 Minuten». Nicht aber saldo und «K-Tipp» – die leserstärkste Zeitschrift der Schweiz. 

Mehr Kontrolle als Kommunikation

Es ist nicht das erste Mal, dass die Öffentlichkeits­arbeit der Post in der Kritik steht. Vor zwei Jahren kritisierte der damalige Chef­redaktor der «Berner Zeitung», Michael Hug, die einseitige Auswahl der Interviewpartner durch die Post. Und der Chefredaktor der Schweizerischen Depeschen­agentur Bern­hard Maissen ergänzte: «Die Kommunikationsabteilung der Post könnte man auch in Kontrollabteilung umbenennen.» So habe die Post die Berichterstattung der SDA über eine Medienkonferenz der Postcom, der Aufsichtsbehörde über die Post, umschreiben wollen.

Damit Susanne Ruoff doch noch erfährt, welche Fragen ihr saldo im Namen der Leserinnen und Leser gerne gestellt hätte, hier der Fragenkatalog.

Das wollte saldo Susanne Ruoff fragen:

  • Deutschland und Österreich sind deutlich grösser als die Schweiz: Trotzdem gilt dort für alle Briefe: heute eingeworfen, morgen zugestellt («K-Tipp» 9/15). Warum bringt das die Schweizer Post nicht mehr zustande?
  •  Die Post wollte die Porti für die A- und B-Post vor zwei Jahren erhöhen. Der Preisüberwacher kam zum Schluss, dass die Preise für die Brief- und Paketpost überhöht sind. Jetzt macht die Post schon wieder Druck. Verwaltungsratspräsident Peter Hasler spricht von 1 Franken für B-Post-Briefe und Fr. 1.20 für A-Post-Briefe. Respektieren Sie den Preisüberwacher überhaupt?
  • Viele Postkunden nerven sich über den Gemischtwarenladen der Post in den Filialen (saldo 1/13). Betrachten Sie es als Aufgabe der Post, Coop und Migros sowie die Kioske zu konkurrenzieren?
  • Die Preise im Postshop sind häufig überrissen. Das zeigen Preisver­gleiche von saldo (15/14) und «K-Tipp» (3/15). Weshalb will der Staatsbetrieb an seinen Kunden mehr verdienen als die private Konkurrenz?
  • In den letzten Jahren hat die Post die serviceorientierten Schalter­angestellten zu Verkäufern von postfremden Pro­dukten umerzogen (saldo 2/15) Welchen Stellenwert hat für Sie die Zufriedenheit der Angestellten? 
  • Im Jahr 2001 gab es in der Schweiz 3403 Poststellen, Ende 2014 waren es noch 1562. Die Post vergrault ihre Kunden mit unattraktiven Öffnungs­zeiten oder der Schliessung von Schaltern für Bareinzahlungen (saldo 11/14). Weshalb stellen Sie den Profit über die Bedürfnisse der Kunden?
  • In den letzten Jahren machte der Postkonzern stets Gewinne in Milliardenhöhe. Erachten Sie es als Ihre Aufgabe als ­Chefin eines Monopol­betriebs, der dem Staat gehört, möglichst hohe Gewinne auf Kosten der Bürger zu machen?
  • Letztes Jahr wies die Post einen Konzerngewinn von 638 Millionen Franken aus. Davon gingen rund 200 Millionen in die Bundeskasse. Inwiefern profitieren die Postkunden vom guten Ergebnis?
  • Die Post reduzierte die Anzahl der Briefkästen in den letzten zehn Jahren von rund 20 500 auf aktuell 14 911. Gleichzeitig liess eine Ihrer Tochtergesellschaften in Spanien Briefkästen aufhängen (saldo 9/13). Ist es Aufgabe der Post, den Service in der Schweiz abzubauen und das im Land verdiente Geld im Ausland zu investieren?
  • Die Post besitzt im Ausland 45 Tochtergesellschaften und ist an weiteren ausländischen Firmen beteiligt. Beispiel Swiss Post Solution Ltd: Das Unternehmen beschäftigt in Vietnam 1200 Mitarbeiter (saldo 1/15). Wie hoch Gewinne oder Verluste der ausländischen Gesellschaften sind, steht nicht im Geschäftsbericht. Auch auf Anfrage von saldo machte die Post diese Zahlen nicht publik. Weshalb verschweigt Ihr Unternehmen diese Zahlen?
  • Die Post lagert immer mehr Jobs aus. Sie lässt beispielsweise Pakete von Privatunternehmen transportieren – zu deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen (saldo 11/14). Und die Zeitungsverträger der Tochtergesellschaft Presto verdienen gemäss Gesamtarbeitsvertrag gerade mal 21 Franken pro Stunde. Weshalb spart die Post bei den Angestellten, die am wenigsten verdienen?
  • Postinterne Kritiker sagen, das mittlere und hohe Kader der Post verdiene überdurchschnittlich gut und sei in übergrosser Zahl vorhanden. Sie als Postchefin erhielten 2014 einen Lohn von 824 585 Franken – im Vergleich zum Vorjahr 57 853 Franken mehr. Gäbe es hier nicht Sparpotenzial?
  • Bundesrätin Doris Leuthard verdiente letztes Jahr rund 475 000 Franken. Finden Sie es richtig, dass Sie als Postchefin mehr verdienen als Ihre Vorgesetzte?
  • Die Volksinitiative «Pro Service public» verlangt, dass die Chefs der Bundesbetriebe nicht mehr verdienen als Bundesräte. Bekämpfen Sie die Initiative auch aus eigenem finanziellem Interesse?
  • Im März behaupteten Sie in einem «Blick»-Interview, diese Initiative würde dem Service public schaden. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Die obersten Kaderlöhne müssten runter und der ganze Gewinn müsste in die Verbesserung der Dienstleistungen investiert werden. Was hat die Post gegen eine solche Unternehmenspolitik?
  • Post-Verwaltungsratspräsident Hasler sagte im März an einer Medien­konferenz laut dem «Tages-Anzeiger», die Initiative «Pro Service public» wolle die Post «in die Verwaltungsnische zurückbomben». Betrachten Sie die 124 527 Schweizer Bürger, die die Initiative unterschrieben haben, damit die Bevölkerung über die Politik der Post abstimmen kann, als Bombenleger?