Das ist moderne Sklaverei», schimpft Max Bluntschli (Name geändert) aus dem Aargau über seine Arbeitsbedingungen. Als Lastwagenfahrer transportiert er für die Post Pakete von den Postzentren Härkingen SO und Frauenfeld TG zu Verteilstationen wie Ostermundigen. Angestellt ist er aber nicht von der Post, sondern von der Dreier AG in Suhr. 

Bluntschli ist seit über 30 Jahren als Lastwagenfahrer unterwegs. So schlechte Arbeitsbedingungen wie jetzt habe er nie erlebt. Eine korrekte Abrechnung über seine Arbeitsstunden hat er in der Zeit, während der er bei Dreier arbeitet, nie erhalten. Gesetzliche Zeitzuschläge für Nachtfahrten und Überstunden werden ihm nicht gutgeschrieben, Bereitschaftszeit bleibt unbezahlt. Zudem verunmöglichen es ihm die Einsatzpläne praktisch, die Arbeits- und Ruhezeitverordnung einzuhalten. Sein Chef Hans-Peter Dreier will sich  dazu nicht äussern.

1000 Franken weniger Lohn für den gleichen Job

Camionneure, die von der Post angestellt sind, haben laut Bluntschli «massiv bessere Arbeitsbedingungen». Bei diesen wache die Post genau darüber, dass die Arbeits- und Ruhezeitverordnung befolgt werde. Touren der Postkollegen seien «weniger streng», die Nachtzulagen viel grosszügiger. Aber die Post habe vor ein paar Jahren Lastwagenfahrer entlassen. Diesen habe Dreier dann neue Jobs angeboten – für bis zu 1000 Franken weniger Lohn pro Monat. Dreier sagt, er wisse nicht, was Postchauffeure verdienen. 

Die Post rechtfertigt die Auslagerung von Arbeiten an Private. Dies ermögliche es, «Mengenschwankungen optimal abzudecken und Flexibilität zu gewinnen». Was sie nicht sagt: Mit der Auslagerung spart sie Kosten und steigert den Gewinn. Zum Nachteil der Angestellten – für die Camionneure der Privatunternehmen gilt der Gesamtarbeitsvertrag der Post nicht. 

Die Post sagt, dass sie die privaten Transporteure zu branchenüblichen Anstellungsbedingungen und Löhnen verpflichte. Die Zusammenarbeit mit der Firma Dreier habe bisher keinerlei Grund zur Beanstandung gegeben, so Post-Sprecher Bernhard Bürki. Das sieht die Gewerkschaft Unia anders: Sie spricht von «einer ganzen Anzahl von Ungereimtheiten» bei Dreier: nicht korrekt abgerechnete Zeitzuschläge, fehlende Stundenabrechnungen oder Verstösse gegen die Arbeits- und Ruhezeitverordnung.

Schlechte Bedingungen auch bei der Tochter­gesellschaft Presto

Auf Kosten der Schwächsten spart die Post auch, wenn sie das Leeren von Briefkästen an ihre Tochtergesellschaft Presto auslagert. Für Presto-Mitarbeitende gilt ein Gesamtarbeitsvertrag mit viel schlechteren Arbeitsbedingungen als für direkt bei der Post angestellte Personen. Ein Post-Betriebsmitarbeiter Logistik, der Briefkästen leert, hat einen Mindeststundenlohn von Fr. 26.10, Anspruch auf 5 Wochen Ferien und 10 Feiertage. Wird die Arbeit durch einen Presto-Mitarbeiter ausgeführt, beträgt der minimale Stundenlohn 21 Franken (inklusive Zuschläge und Anteil 13. Monatslohn). Ferien gibt es nur 4 Wochen, und ein einziger Feiertag jährlich wird entlöhnt. 

Bruno Schmucki von der Gewerkschaft Syndicom kritisiert: «Die Post lagert Arbeiten aus ihrem Kernbereich an Tochtergesellschaften aus, um die postüblichen Löhne und Arbeitsbedingungen umgehen zu können.»