Das Kaffeesatzlesen über die weitere ­Verbreitung des Coronavirus und das lustvolle Ausmalen von Untergangs­szenarien machten eine kurze Zeit lang ­Pause: In den Tagen vor der Wiedereröffnung von Schulen und Läden waren die Medien mit der Vorfreude auf das Wiedererwachen des öffentlichen Lebens beschäftigt. 

Seit dem 11. Mai aber wird erneut spekuliert und der Teufel an die Wand gemalt. «Bahn und Bus droht auch nach Corona ­happiger Passagierverlust», orakelt die «Aargauer Zeitung». «Homeoffice droht bis zu 40 Prozent der Büroflächen zu vernichten», prognostiziert der «Tages-Anzeiger». «Zukunft der Luftfahrt: Weniger Flüge und weniger Jobs», weiss die «Handelszeitung». Und «WHO: Coronavirus verschwindet vielleicht nie wieder», warnt der «Blick». Vielleicht. 

Vielleicht aber auch nicht. Sicher ist: Die Liste der medialen Prognostiker wird immer länger. Mit faktenorientierter Recherche ­haben solche Beiträge nichts zu tun. Sie ­basieren auf eiligst aus dem Boden gestampften Umfragen und den Aussagen von Ex­perten, die punkto Zukunft ebenfalls tief
im Trüben fischen. 

Was solche journalistischen Prognosen wert sind, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 1894. Damals fuhren Kutschen und Droschken in rasch wachsender Zahl durch die ­Strassen. Die Londoner «Times» warnte, dass die urbanen Zentren bis ins Jahr 1950 mit ­einer drei Meter hohen Rossäpfelschicht bedeckt sein werden und sich deshalb Infektionskrankheiten rasant ausbreiten würden. Zum Glück wurde die Welt davon verschont. Von anderem Mist leider nicht.