Pestizide in der Alpmilch
Wenn Kühe in diesen Tagen von den Alpen ins Tal wechseln, kann ihre Milch Rückstände von Pestiziden enthalten. Das gilt auch für Bio-Kühe.
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saldo 14/2021
14.09.2021
Daniel Mennig
Wo bio draufsteht, ist bio drin» – das verspricht Bio Suisse, die grösste Bio-Organisation der Schweiz und Lizenzgeberin des «Knospe»-Labels.
Doch das Versprechen wird nicht immer gehalten. Der Grund: Hoch oben auf Alpweiden setzen die Bauern Herbizide ein – gegen unerwünschte Kräuter wie Sauerampfer, Disteln oder Germer. Von den total 6740 Alpbetrieben kommen laut dem Bio-Zertifizierer Bio Inspecta nur bei 210 garant...
Wo bio draufsteht, ist bio drin» – das verspricht Bio Suisse, die grösste Bio-Organisation der Schweiz und Lizenzgeberin des «Knospe»-Labels.
Doch das Versprechen wird nicht immer gehalten. Der Grund: Hoch oben auf Alpweiden setzen die Bauern Herbizide ein – gegen unerwünschte Kräuter wie Sauerampfer, Disteln oder Germer. Von den total 6740 Alpbetrieben kommen laut dem Bio-Zertifizierer Bio Inspecta nur bei 210 garantiert keine Pestizide zum Einsatz. Deshalb sömmern viele Bio-Kühe notgedrungen auch auf Alpen, wo Pestizide verspritzt werden. Auf der Alp dürfen die Bauern die Milch dieser «Bio-Kühe» nur als konventionelle Milch verkaufen. Werden die Tiere aber nach der Rückkehr ins Tal gemolken, wird die gleiche Milch ab dem ersten Tag als Bio-Milch verkauft – trotz möglicher Pestizidrückstände. Es ist nicht erforscht, wie lange und in welchem Umfang die Pestizide im Tierkörper und in der Milch bleiben. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit kennt keine Studien über solche Rückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft.
Bio Suisse will Richtlinien nicht anpassen
Bio Suisse befürwortet zwar ein Pestizidverbot auf Alpen, will aber auf das Geschäft mit möglicherweise pestizidhaltiger Bio-Milch nicht verzichten: «Solange der Einsatz von Pestiziden auf den Alpen gesetzlich nicht verboten ist, sehen wir keine Möglichkeit, unsere Richtlinien anzupassen», schreibt Bio Suisse auf Anfrage.
Es ginge auch anders: Auf österreichischen Alpen verzichten gemäss dem Bundesministerium für Landwirtschaft 98 Prozent der Alpbetreiber auf jeglichen Pestizideinsatz. Dies vor allem, weil sie nur so Anrecht auf Unterstützungsgelder haben.
In der Schweiz schlägt das Forschungsinstitut für biologischen Landbau seit Jahren eine Kompromisslösung vor: Bio-Kühe sollen auf gemischten Alpen abgetrennt von der übrigen Herde auf garantiert unbehandelten Flächen grasen. Laut Franz Josef Steiner vom Forschungsinstitut wird diese Lösung auf einzelnen Alpen wie etwa der Alp Gamperdun in Elm GL bereits heute praktiziert.
Doch Bio Suisse mag diese Lösung ihren Bauern nicht vorschreiben. Dass Bio-Milch nach der Alpzeit Pestizidrückstände enthalten kann, stört den Verband der Bio-Landwirte offensichtlich nicht.