Ökostromabgabe: Haushalte zahlen am meisten
Stromkonsumenten zahlen eine Ökostromabgabe, damit der Bund Windstrom und Solarenergie fördern kann. Pikant: Grossverbraucher können sich davon befreien lassen – dafür zahlen die Haushalte mehr.
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saldo 04/2013
06.03.2013
Yves Demuth
Wer am meisten Strom braucht, muss am wenigsten zur Energiewende beitragen: Im Jahr 2011 konnten 29 grosse Stromkonsumenten von der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid insgesamt 4,6 Millionen Franken zurückfordern. Diese Unternehmen sind die einzigen Stromkunden, welche die Ökostromabgabe von aktuell 0,35 Rappen pro Kilowattstunde nicht vollständig bezahlen müssen. Und das ohne jede Gegenleistung. Mit der Abgabe fördert der Bund über die kostendeckende Einspeis...
Wer am meisten Strom braucht, muss am wenigsten zur Energiewende beitragen: Im Jahr 2011 konnten 29 grosse Stromkonsumenten von der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid insgesamt 4,6 Millionen Franken zurückfordern. Diese Unternehmen sind die einzigen Stromkunden, welche die Ökostromabgabe von aktuell 0,35 Rappen pro Kilowattstunde nicht vollständig bezahlen müssen. Und das ohne jede Gegenleistung. Mit der Abgabe fördert der Bund über die kostendeckende Einspeisevergütung KEV Windanlagen, Solarenergie oder Kleinwasserkraftwerke.
Was Grossverbraucher nicht zahlen, bleibt an den Kleinkunden hängen
Anspruch auf Rückerstattung haben sogenannte energieintensive Unternehmen. Können diese nachweisen, dass die Stromkosten mehr als 10 Prozent ihrer Produktionskosten ausmachen, erhalten sie eine Rückvergütung. Auf der Liste der von der Ökostromabgabe teilbefreiten Betriebe des Bundesamtes für Energie, die saldo vorliegt, stehen neben Unternehmen wie Alu Menziken, Stahl Gerlafingen oder den Jura Cement-Fabriken auch die Rheinsalinen. Der Schweizer Salzhersteller ist ein Monopolbetrieb im Besitz der Kantone (saldo 6/11).
Dort nimmt man das Geld aus Bern gerne an. Aber laut Geschäftsführer Urs Hofmeier bräuchten die Rheinsalinen die Rückerstattung «nicht zwingend zum Überleben». Man habe die Befreiung von der Ökoabgabe weder gefordert noch beeinflusst. Die Rheinsalinen würden lediglich die gesetzliche Grundlage nutzen.
Je weniger Grossverbraucher zahlen, desto stärker werden die Haushalte und KMU belastet. Dies bestätigt das Bundesamt für Energie. Denn die Kosten für erneuerbare Energien bleiben gleich – sie werden einfach unter den verbleibenden Stromkunden aufgeteilt.
Der Kreis der rabattberechtigten Firmen soll per 2014 massiv vergrössert werden. Neu sollen bis zu 600 Unternehmen jährlich zwischen 55 und 70 Millionen Franken zurückerhalten. Im Gegenzug müssten sie sich verpflichten, Strom zu sparen. Das fordert die nationalrätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie in einer parlamentarischen Initiative, die der Nationalrat voraussichtlich Mitte März berät. Der Bundesrat befürwortet die Initiative.
Industrie und Wirtschaft verlangen noch mehr Entlastung
Die grosszügigeren Rabatte für die Industrie sind ein Köder, um im Parlament im Gegenzug eine Mehrheit für die Vervierfachung der Ökostromabgabe von 0,35 Rappen auf 1,5 Rappen pro Kilowattstunde zu finden.
Den Ausbau der erneuerbaren Energien zahlen somit die Privathaushalte und das Kleingewerbe. Sie können sich nicht durch eine Verpflichtung zum Stromsparen von der Abgabe befreien lassen. Trotzdem fordern die Industrie- und Wirtschaftsverbände noch höhere Rabatte. Mit Erfolg: Der Bundesrat plant bereits eine noch einseitigere Verteilung der Kosten. In der Vorlage zur Energiestrategie 2050 schlägt er eine Variante vor, bei der 4000 bis 5000 Firmen jährlich 100 bis 120 Millionen Franken zurückerhalten würden.