Die Anlageberatung klingt in der Theorie vielversprechend: Der Berater sucht die für den Kunden am besten geeigneten Anlagen aus. Dabei stützt er sich auf die finanzielle Situation des Kunden, dessen Anlageziele, Finanzkenntnisse und Erfahrungen mit Investitionen.
Die Praxis sieht anders aus. Kunden, die weniger als 500 000 Franken investieren wollen, erhalten vom Berater kaum persönlich angepasste Vorschläge. Stattdessen gibt es pfannenfertige Lösungen. Sie bestehen typischerweise aus drei Standardfonds: einem konservativen, einem ausgeglichenen und einem Fonds mit höherem Risiko. Daraus können die Kunden dann einen wählen.
Meist empfiehlt die Bank teure Produkte, an denen sie verdient
Die Erfahrung von saldo zeigt: Bei keinem dieser Fonds handelt es sich in der Regel um die für den Kunden geeignetste Anlage. Aber alle drei Fonds sind Produkte, die für die Bank einträglich sind. Die Empfehlung solcher Fonds erfolgt somit nicht im Interesse der Kunden, sondern primär im Interesse der Bank.
Gut zu wissen: Laut Gesetz sind Anlageberater an die Weisungen der Kunden gebunden. Will jemand ausdrücklich keine US-Aktien in seinem Depot, hat sich der Berater daran zu halten. Dasselbe gilt, wenn Kunden keine teuren Standardfonds wünschen, für deren Verkauf die Bank Provisionen erhält. Möglicherweise lehnt die Bank eine Beratung unter diesen Umständen ab. Dann aber ist klar: Hier gibt es keine kundenbezogene Anlageberatung.
Die Gebühren eines Fonds reduzieren die Rendite. Für Anleger ist es entscheidend, die Kosten ihrer Investitionen möglichst tief zu halten. Dabei hilft ihnen das Finanzdienstleistungsgesetz. Es verpflichtet Anlageberater, ihre Kunden über alle einmaligen und laufenden Kosten aufzuklären. Dazu gehören neben den Kosten der Beratung und des Depots auch die konkreten Kosten des empfohlenen Finanzprodukts.
Bei Fonds dem Berater eine Kostengrenze setzen
Besonders wiederkehrende Kosten schmälern die Rendite eines Investments. Beispiel: Ein Kunde investiert 100 000 Franken in einen Fonds, dessen jährliche Kosten sich auf 1 Prozent belaufen. Er erwirtschaftet bei einer durchschnittlichen Bruttorendite von 4 Prozent nach 15 Jahren knapp 56 000 Franken Ertrag. Betragen die Fondsgebühren aber jährlich 2 Prozent, wären es nur 34 600 Franken. Deshalb sollte man den Berater zum Beispiel anweisen, nur Fonds mit einer Gesamtkostenquote (auch TER genannt) von maximal 0,5 Prozent pro Jahr vorzuschlagen.
Das Finanzdienstleistungsgesetz löst ein grundsätzliches Problem nicht: den Mangel an unabhängigen Anlageberatern in der Schweiz. Das Europäische Recht unterscheidet zwischen unabhängiger und nicht unabhängiger Anlageberatung. Das Schweizer Parlament verzichtete auf Druck der Banken auf diese Unterscheidung. Für die Anleger ist das ein Nachteil: Berater der Banken dürfen so den Kunden auch Finanzprodukte empfehlen, die der Bank Provisionen einbringen. Solche Retrozessionen oder Kickbacks verteuern das Produkt.
Immerhin verlangt das Finanzdienstleistungsgesetz neu, dass Anlageberater ihre Interessenbindungen offenlegen. Verkaufen sie nur hauseigene Produkte, so muss der Kunde deutlich darauf hingewiesen werden. Sie müssen auch den Erhalt allfälliger Provisionen offenlegen. Dieses Geld steht dem Kunden zu, sofern er im Beratungsvertrag nicht ausdrücklich darauf verzichtet.
Tipp: Wählen Sie einen Anlageberater, der gegen ein Honorar tätig ist und Ihnen allfällige Rückvergütungen gutschreibt.
Diese Ansprüche haben Kunden gegenüber der Bank
Wer Geld am Finanzmarkt anlegen will, hat drei Möglichkeiten: Er vertraut die Verwaltung seines Vermögens gänzlich einem Dritten an, der für ihn alle Anlageentscheide trifft (Vermögensverwaltungsvertrag). Er lässt sich nur beraten, trifft aber die Anlageentscheide selbst (Beratungsvertrag). Oder er verzichtet ganz auf Beratung und wählt die Wertschriftenanlagen selbst (Execution-only-Vertrag). Die Pflichten der Bank unterscheiden sich bei den drei Dienstleistungsarten beträchtlich.
Am umfassendsten sind die Pflichten der Bank bei der Vermögensverwaltung. Die Bank muss sich an die vereinbarte Anlagestrategie halten. Sie ist verpflichtet, die Entwicklung der Wertschriften des Kunden ständig zu überwachen und Anteile wenn nötig umzuschichten. In Ausnahmesituationen muss sie den Kunden kontaktieren und ihn vor den drohenden Gefahren für seine Vermögensanlage warnen.
Bei der Anlageberatung gelten eingeschränkte Pflichten. Die einzelnen Anlageempfehlungen der Bank dürfen einzig im Interesse des Kunden erfolgen. Sie müssen seine persönlichen Verhältnisse berücksichtigen, also seine Erfahrung im Börsenhandel, die Anlageziele und die finanziellen Verhältnisse. Die Bank ist nicht verpflichtet, das Depot des Kunden zu überwachen und ihn allenfalls vor möglichen Gefahren zu warnen.
Beim Execution-only-Vertrag tätigt der Anleger seine Investitionen ohne Inanspruchnahme einer Beratung völlig selbständig. Er beauftragt die Bank einzig mit der Umsetzung seines Anlageentscheids, meistens per Telefon oder über das E-Banking. Die Bank ist hier lediglich für die korrekte Ausführung des Kundenauftrags verantwortlich. Sie ist nicht verpflichtet, den Anlageentscheid des Kunden auf dessen Angemessenheit hin zu prüfen. Ebenso wenig muss die Bank die Entwicklung der Anlagen des Kunden überwachen.