Nach der Kündigung gab es kein Geld mehr
Ein Koch kündigt seine Stelle in einer Basler Pizzeria. Der Betrieb bleibt ihm den Lohn schuldig. Der Restaurantbesitzer meint, das gehe ihn nichts an. Er habe das Lokal erst vor kurzem übernommen.
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saldo 06/2013
03.04.2013
Thaïs In der Smitten
Bereits hat der Weibel des Zivilgerichts Basel-Stadt dem Gerichtspräsidenten mitgeteilt, dass der Beklagte nicht anwesend sei – als dieser doch noch auftaucht. Der Mann ist Inhaber einer Pizzeria in Basel und erscheint im Gegensatz zum Kläger ohne Anwalt vor dem dreiköpfigen Arbeitsgericht.
Der Koch der Pizzeria hatte seine Stelle im Februar 2012 fristgerecht per Ende März gekündigt. Der Betrieb zahlte den März-Lohn jedoch nicht mehr aus. Daf&uum...
Bereits hat der Weibel des Zivilgerichts Basel-Stadt dem Gerichtspräsidenten mitgeteilt, dass der Beklagte nicht anwesend sei – als dieser doch noch auftaucht. Der Mann ist Inhaber einer Pizzeria in Basel und erscheint im Gegensatz zum Kläger ohne Anwalt vor dem dreiköpfigen Arbeitsgericht.
Der Koch der Pizzeria hatte seine Stelle im Februar 2012 fristgerecht per Ende März gekündigt. Der Betrieb zahlte den März-Lohn jedoch nicht mehr aus. Dafür fordert der Kläger 4290 Franken plus den ausstehenden Anteil am 13. Monatslohn sowie 1578 Franken für acht nicht bezogene Ferientage. Die Forderung beläuft sich insgesamt auf 7370 Franken. Zudem verlangt der Koch von seinem ehemaligen Arbeitgeber zwei fehlende Lohnausweise für die Jahre 2012 und 2013, eine Arbeitsbestätigung für die Anstellung sowie den Nachweis, dass die Pensionskassenbeiträge für ihn einbezahlt wurden. Die Nachfrage des Klägers bei der Pensionskasse des Gastro-Verbandes hatte ergeben, dass dort keine Zahlungseingänge vermerkt waren.
Der Pizzeria-Inhaber ist der Meinung, er hafte nicht für den Arbeitsvertrag mit dem Koch: «Er war bei meinem Sohn angestellt», erklärt er dem Gericht. Er habe das Lokal erst Mitte März 2012 von ihm übernommen, also einen halben Monat vor Ende des Arbeitsvertrages mit dem Koch. Der Sohn sei damals kurz vor dem Konkurs gestanden.
Der Arbeitsvertrag lässt keine Zweifel über die Haftungsfrage offen
«Sie haften für die Arbeitsverhältnisse, die Ihr Sohn abgeschlossen hat», entgegnet der Richter. Der Beklagte widerspricht: «Nicht für alles. Das ist jetzt eine neue Firma.» Der Koch müsse den Lohn vom Sohn einfordern. Zudem habe der Koch gar keine acht Ferientage mehr zugut: «Er hat sich an verschiedenen Tagen krank gemeldet, war aber in Wirklichkeit gar nicht krank. Er ging nur zur Kontrolle ins Spital.» Zudem habe der Koch Ferien- und Feiertage falsch abgerechnet.
Der Pizzeria-Inhaber hat Mühe, sich verständlich auszudrücken. Deutsch ist nicht seine Muttersprache. Schriftliche Dokumente reicht er nicht ein. Der Richter hat grosse Schwierigkeiten, genaue Angaben zu bekommen, welche Ferientage konkret bestritten werden und welche nicht.
Im Gegensatz zum Geschäftsinhaber hatte der Koch dem Gericht schon vor der Verhandlung eine saubere Auflistung der bezogenen Ferien- und Freitage eingereicht. Dem Gericht liegt auch der Arbeitsvertrag vom Februar 2011 vor – unterschrieben vom Beklagten. «Somit haften eindeutig Sie», erläutert der Gerichtspräsident. Und: «Abgesehen davon haftet bei einer Geschäftsübernahme generell der neue Inhaber auch für die bisherigen Arbeitsverträge.»
Beim 13. Monatslohn ist die Forderung des Kochs zu hoch
Nach einer kurzen Beratung eröffnet der Gerichtspräsident das Urteil mündlich: Die drei Richter heissen die Klage auf den März-Lohn und die acht Ferientage gut. Einzig beim 13. Monatslohn machen sie einen Abzug von 700 Franken. Im Jahr 2011 sei im Gastgewerbe noch der alte Gesamtarbeitsvertrag gültig gewesen. Danach waren in diesem Jahr nur 50 Prozent des 13. Monatslohnes geschuldet.
Somit wird der Pizzeria-Inhaber verpflichtet, dem Koch noch 6656 Franken zu zahlen. Dazu spricht das Gericht dem Koch eine Entschädigung für seine Anwaltskosten in der Höhe von 1145 Franken zu. Gerichtskosten fallen in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten unter 30 000 Franken nicht an.
Zudem muss der Pizzeria-Inhaber den Nachweis erbringen, dass er die Pensionskassenbeiträge während des ganzen Arbeitsverhältnisses korrekt abrechnete, und er muss eine Arbeitsbestätigung sowie die fehlende Lohnausweise nachliefern.
Prozessieren: Schriftliche Belege sind Geld wert
Wer vor Gericht von jemandem Geld fordert, muss seinen Anspruch beweisen können. Als Beweismittel kommen vor allem schriftliche Unterlagen, Zeugenaussagen und in einigen Fällen sogar Aussagen einer Partei in Frage. Am zuverlässigsten sind schriftliche Auszeichnungen. Die Erfahrung zeigt: Zeuginnen und Zeugen können sich bis zur Gerichtsverhandlung häufig nicht mehr präzise an länger zurückliegende Beobachtungen erinnern. Sagen mehrere Zeugen zum selben Sachverhalt aus, gibt es fast immer Widersprüche. Das reduziert ihre Glaubwürdigkeit.
Vor dem Einreichen einer Forderung am Gericht sollten sich Klägerinnen und Kläger deshalb nicht nur fragen, ob sie im Recht sind. Ebenso wichtig ist es, dass sie ihre Forderungen beweisen können.
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