E in 82-jähriger Patient aus Deutschland muss schwer schlucken: Die Zuckerwerte zeigen, dass er an Diabetes Typ 2 leidet. 20 Jahre vorher hätte er mit den­selben Werten noch als gesund gegolten. Heute nicht mehr. Grund: Die Grenz­werte wurden stark gesenkt. Was gestern kein ­Problem war, ist nun plötzlich eine «Diabetes-Epi­demie». Der Nutzen für Patienten ist gleich null. Nicht so für die Pharma­industrie: Mehr Kranke ­bedeuten höhere ­Gewinne. Und die Forschung erhält mehr Fördergelder. 

Die Dokumentation «Im Land der Lügen» des preisgekrönten deutschen Filmemachers Tilman Achtnich zeigt, wie leicht Firmen, Wissenschafter und Politiker die ­Bevölkerung mit Zahlen manipulieren. So rechnen Lebens­versicherer mit überhöhten Lebens­erwartungen und kassieren deshalb hö­here Prämien. 

Manipulierte Zahlen gibt es auch in der Lebensmittelindustrie: Cholesterinhal­tige Nahrungsmittel wie Eier oder Butter galten viele Jahre als heikel. Sie seien ­verantwortlich für zu hohe Cholesterinwerte. Doch die Forscher waren von der Margarine-Industrie bezahlt. Sie verschwiegen ­Ergebnisse, die deren In­teressen widersprachen. 

Die Hauptthese des Films: Der Auftraggeber einer Studie bestimme, welches Resultat herauskommen soll. Die Taktiken sind vielseitig: Das Studienergebnis lässt sich zum Beispiel mit der Auswahl der Testpersonen in eine bestimmte Richtung lenken. Tauchen während einer Studie unerwünschte Nebenwirkungen eines Medikaments auf, kann es sich für den Auftraggeber lohnen,  die Studie früher als ­geplant zu beenden. Oder man vergleicht ein neues Medikament nur mit Arzneien, von denen ­bekannt ist, dass sie schlecht wirken. 

Die Dokumentation zeigt anschaulich die Macht von Zahlen. Das motiviert, Statistiken künftig besonders kritisch zu betrachten.

Der Film ist zu sehen ­unter www.saldo.ch/cId81f.

«Im Land der Lügen. Wie uns Politik und Wirtschaft mit Zahlen manipu­lieren.» Ein Film von Tilman Achtnich. Deutschland, 2016, 44 Min., SWR