Schon heute ist bei verarbeiteten Lebensmitteln auf der Verpackung oft nicht ersichtlich, woher die Rohstoffe stammen. Beispiel: Beim Sugo Toscana muss die Herkunft der Tomaten nur angegeben werden, wenn diese mehr als die Hälfte des Produktgewichts ausmachen und nicht aus Italien, sondern etwa aus Frankreich stammen. Das heisst, die Herkunft muss nicht deklariert sein, wenn 49 Prozent der Tomaten aus Frankreich und Spanien kommen und 51 aus Italien – selbst wenn das Produkt die Herkunft Toscana vorspiegelt. 

Das neue Lebensmittelgesetz tritt am 1. Mai in Kraft. Es schreibt nicht mehr vor, das Produktionsland zu deklarieren. Stattdessen ist bei verarbeiteten Lebensmitteln nun erlaubt, grosse Gebiete anzugeben – etwa EU, Südamerika oder Ozeanien. Das ist für Konsumenten, denen die Herkunft wichtig ist, fast eine Null­information.

Interessant ist, mit welchen Argumenten sich die Lebensmittelbranche bei der Ausarbeitung der neuen Regelung gegen Transparenz wehrte. Die Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien meinte: «Der geringe Zusatznutzen für den Konsumenten rechtfertigt den Zusatz­aufwand der Deklaration nicht». Demeter bemängelte, die Angabe des Herkunftslandes brauche «zusätzlichen Platz auf der Etikette». Economiesuisse beantragte «die vollständige Streichung des Artikels». 

Immerhin: Die Deklaration der Nährwertangaben wird obligatorisch. Doch im Gegensatz zur EU müssen auf der Verpackung nicht alle wichtigen Nährwerte angegeben werden (Energiegehalt, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiss, Salz). Zwingend sind nur die vier Nährwerte Energie, Protein, Kohlenhydrate, Fett sowie der Salzgehalt. Ausgerechnet die Angabe des Zuckers ist freiwillig. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit spricht von ­einem «Kompromiss». 

Josianne Walpen von der Stiftung für Konsumentenschutz ist enttäuscht: «Die Gelegenheit wurde verpasst, auch in der Schweiz mindestens EU-Standards zu erreichen – oder gar Verbesserungen.» Die Lebensmittelindustrie habe ihre Interessen durchgesetzt.