Am 14. Dezember wird ­jedes SBB-Einzelbillett 2,9 Prozent aufschlagen. Ein 2.-Klasse-Generalabonnement (GA) für Erwachsene wird 105 Franken mehr kosten. Es ist die vierte Preiserhöhung innerhalb von fünf Jahren. Ab Dezember wird das GA 17,9 Prozent teurer sein als vor fünf Jahren, das Einzelbillett 8,5 Prozent. Und das bei einer durchschnittlichen Teuerung von 0,2 Prozent.

Doch die Preisaufschläge sind Verkehrs­ministerin Doris Leuthard sowie anderen Politikern noch immer zu gering. Sie fordern, dass die Benutzer des ÖV noch mehr für Billette und Abos bezahlen. Denn die Einnahmen aus dem ­Billettverkauf würden nur etwa die Hälfte der Kosten decken. Die andere Hälfte finanziere der Steuerzahler. Und es sei klar, so Leuthard im Parlament, «dass sich der heutige Kostendeckungsgrad verbessern muss». 

saldo wollte genaue Angaben zum Kostendeckungsgrad des Personenverkehrs, um diese Behauptung zu überprüfen. Doch sowohl SBB wie das Bundesamt für Verkehr halten Berechnungsgrundlagen unter Verschluss (saldo 3/13). Das Bundesamt legt nicht die Berechnung vor, sondern nur das Resultat. Die SBB geben beim Fernverkehr nur den Gewinn bekannt (letztes Jahr 96 Millionen Franken). 

Der Preisüber­wacher kritisierte gegenüber saldo schon im letzten Jahr: «Da die SBB in ihrer Bilanz nicht zwischen Fernverkehr und regionalem Personenverkehr unterscheiden, weiss die Öffentlichkeit nicht, wie hohe Eigenkapitalrenditen im Fernverkehr tatsächlich realisiert werden.»

Kein Geheimnis machen die SBB aus dem angeblichen Kostendeckungsgrad im regionalen Personenverkehr. Laut Geschäftsbericht betrug er nur 57,7 Prozent im letzten Jahr. Die Rhätische Bahn rechnet ähnlich wie die SBB und kommt auf einen Kostendeckungsgrad im Personenverkehr von 60,7 Prozent. 

Viele Einnahmen werden nicht berücksichtigt 

Enthalten diese Rechnungen wirklich alle Einnahmen, die der Personenverkehr generiert? Beispielsweise auch die Werbung in den Zügen, in den Bahn­höfen, die Einnahmen aus Telefon-Hotlines, die Mieterträge aus den Läden, Restaurants und Parkplätzen in den Bahnhöfen? 

Antwort der SBB: Nur Einnahmen, die der Regionalverkehr auf der Schiene verdient, würden für die Berechnung berücksichtigt. Lediglich ein Bruchteil der Werbeeinnahmen, wie zum Beispiel die Werbeposter in den Zügen, würden dem Regionalverkehr als Einnahmen gutgeschrieben. Auch die Mieterträge aus dem riesigen Immobilienportfolio würden nicht in die Berechnung mit einfliessen. 

Das zeigt: Wichtige Einnahmen werden bei der Berechnung ganz oder teilweise unterschlagen, weshalb der Kostendeckungsgrad im Personenverkehr in Wirklichkeit viel höher ist. 

Dies zeigt ein einfacher Vergleich: Würde der Flughafen Zürich wie ein Schweizer Bahnunternehmen rechnen, wäre er defizitär. Die Einnahmen des Flughafenbetriebs, also die Lande­gebühren oder Flughafen­taxen, decken dessen Kosten nur zu rund 75 Prozent. Das bestätigt ein Flughafen-Sprecher. Ähnlich wie bei der Bahninfrastruktur haben die Steuerzahler den Flughafen mitfinanziert. Bis zur Flughafen-Privatisierung im Jahr 2000 investierte die öffentliche Hand über 2 Milliarden (saldo 5/13). 

Trotzdem würde niemand behaupten, der Flughafen Zürich mache Verluste. Im Gegenteil: Die Flughafen Zürich AG erwirtschaftete im letzten Jahr einen Gewinn von 137 Millionen. Die Mieterträge des Flughafen-Shoppingcenters und der Duty-free-Läden oder die Einnahmen durch Werbung und Parkgebühren finanzieren das Defizit. Auch die SBB erwirtschaften jedes Jahr einen Gewinn von mehreren Hundert Millionen Franken. Der Grund dafür liegt zu ­einem grossen Teil in diesen Nebeneinnahmen.

Kostendeckungsgrad ist viel höher, als die SBB angeben

Würden die SBB wie der Flughafen Zürich rechnen, läge der Kostendeckungsgrad gemäss saldo-Berechnungen bei 77 Prozent. Das sind 20 Prozentpunkte mehr, als die SBB für den Regionalverkehr ausweisen. 

Dazu kommt. Der Kostendeckungsgrad stieg bei den SBB, der Rhätischen Bahn oder dem grössten Verkehrsverbund ZVV im letzten Jahr an. Grund dafür war unter anderem die saftige Tariferhöhung von durchschnittlich 5,2 Prozent im Jahr 2013. Allerdings rechtfertigten die Bahnen damals die Erhöhung mit völlig anderen Gründen. Sie schoben höhere Abgeltungszahlungen für die Benutzung der Schienentrassen als Grund vor. 

Die SBB erklären, dass sie die Deckungsgradberechnungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmung dem Bundesamt für Verkehr zur Prüfung vorlegen würden. Der von saldo berechnete Kosten­deckungsgrad von 77 Prozent sei zwar formal korrekt, doch er beziehe sich nur auf das Unternehmen SBB und nicht auf das ganze Bahnsystem. Weil etwa der Bund die Baukosten grösserer Infrastrukturprojekte finanziere, würden diese Kosten nicht in die Erfolgsrechnung der SBB einfliessen. Ähnlich argumentiert das Bundesamt. 

Die Bahninfrastruktur wie die 24,4 Milliarden für die Neat bezahlen tatsächlich die Steuerzahler. Gerade deshalb darf das Geld nicht ein zweites Mal von den Bahnkunden verlangt werden. Zumal die riesigen Investitionen nur wegen des alpenquerenden Güterverkehrs beschlossen wurden.    

So sparen Sie bei Schweizer Tickets

  • Kaufen Sie vor dem 14. Dezember Mehrfahrtenkarten zu den bisherigen Preisen. Die Karten sind drei Jahre gültig. 
  • Achten Sie auf die Sparbillette im Internet (www.sbb.ch/sparbillett). Am Schalter sind diese nicht erhältlich. Lesen Sie vor einem Kauf die häufig gestellten Fragen dazu unter «FAQs Sparbillette». 
  • Fragen Sie ihre Wohngemeinde, ob sie SBB-Tageskarten anbietet. Diese kosten meist zwischen 40 und 50 Franken, statt 71 Franken wie bei den SBB.