Hans-Ulrich Bigler, der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, hat das Heu nicht auf der gleichen Bühne wie die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Er wirft ihr vor, «unter dem Deckmantel angeblicher Konsumenteninteressen eine einseitige, ideologisch gefärbte Politik» zu machen. Als Beispiele nennt er die Unterstützung einer Gebühr auf Plastiksäcken, die vorgezogene Recycling-Gebühr auf Produkten, die Herkunftsdeklaration für Rohstoffe und die Bekämpfung der Hochpreisinsel durch die SKS.
Vorstoss: Bundesgelder nur für «objektive» Organisationen
Die Schwyzer FDP-Nationalrätin Petra Gössi ist Mitglied des Gewerbeverbandes. In einem parlamentarischen Vorstoss fordert sie: Bundesgelder sollen nur noch an diejenigen Konsumentenorganisationen ausbezahlt werden, die «ausschliesslich objektive und fachgerechte Konsumenteninformation betreiben». Damit meint sie natürlich nicht die SKS. Bei der SKS handle es sich vielmehr um eine «offensive, politisch eindeutig positionierte Kampforganisation», die «linke Propaganda» betreibe.
Mit ihrem Vorstoss trifft Gössi aber ebenso das Konsumentenforum (KF), das sich als liberal und unabhängig bezeichnet und Bundesgelder bezieht. Geschäftsführer Michel Rudin gibt zu, dass auch das Konsumentenforum politisches Lobbying betreibt. Man beteilige sich an Vernehmlassungen, schreibe an Parlamentarier und sei im Bundeshaus vor Ort. Das Forum gründete kürzlich einen politischen Beirat mit vier bürgerlichen und zwei grünliberalen Nationalräten.
Entsprechend diesem Beirat sind die Positionen des KF: Gegen ein schärferes Kartellgesetz, das überteuerte Markenprodukte bekämpft, gegen das Widerrufsrecht bei Warenkäufen im Internet und gegen die Pflicht für Lebensmittelhersteller, die Herkunft der Rohstoffe umfassend zu deklarieren.
Angesichts dieser Positionen stellt sich die Frage, ob das KF die Interessen der Konsumenten vertritt – oder der verlängerte Arm der Produzenten und Verkäufer ist. KF-Geschäftsführer Rudin wehrt sich dagegen, als Sprachrohr der Wirtschaft bezeichnet zu werden. Man setze sich klar für die Besserstellung der Konsumenten ein – aber nicht über Gesetze, sondern über Informationen. Rudin: «Es geht uns darum, die Selbstverantwortung zu fördern. Jeder soll selber entscheiden, was für ihn richtig ist.»
Eine gewisse Nähe zur Wirtschaft stellt er nicht in Abrede. «Wir haben keine Berührungsängste mit der Wirtschaft. Zusammen können wir mehr erreichen.» Unter den 19 Kollektivmitgliedern des als Verein organisierten KF befinden sich mehrere Wirtschaftsverbände, darunter der Schweizerische Kosmetik- und Waschmittelverband sowie der Verband Electrosuisse. Ebenfalls Mitglied sind die CVP- und die FDP-Frauen Schweiz sowie der Lebensmittelhersteller Traitafina AG in Lenzburg AG sowie die Guetslifabrik Kambly im bernischen Trubschachen.
Geldgeber: Wenig Transparenz beim Konsumentenforum
In der Jahresrechnung des KF tauchen keine Namen von Geldgebern aus der Wirtschaft auf. Aus der Bundeskasse erhielt es letztes Jahr 210 000 Franken. Weitere Beiträge in der Höhe von fast 200 000 Franken erhielt es laut Rudin von Privatpersonen und Unternehmen, etwa von Swisscom und Lidl. Für die nächste Jahresrechnung verspricht Rudin mehr Transparenz.
Transparenter ist die Stiftung für Konsumentenschutz: Vergangenes Jahr erhielt sie 285 000 Franken vom Bund. Das sind 17 Prozent des Gesamtertrages von 1,69 Millionen Franken. Das restliche Geld kommt von knapp 27 000 Gönnern und Spendern, aus Produktverkäufen, Erlösen, Beratungen sowie den sechs Trägerorganisationen. Das sind: Verkehrsclub der Schweiz, Schweizerischer Mieterverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Dachverband Schweizerischer Patientenstellen, Hausverein Schweiz und Schweizerische Vereinigung zum Schutz der kleineren und mittleren Bauern. Sie steuern zusammen 13 000 Franken bei.