Gebiss zur freien Verfügung
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saldo 2/2000
02.02.2000
Eigentlich habe ich nichts dagegen, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, mir Ihren Kaufvertrag, Quittungen, oder Abrechnungen zusenden. Im Gegenteil: Oft ist es nur anhand solcher Pa-piere überhaupt möglich, Ihren Fall richtig zu beurteilen.
Aber beschränken Sie sich bei Ihren Zusendungen von Beweismitteln bitte auf schriftliche Dokumente und verschonen Sie mich mit Verdachtsobjekten anderer Art! Die bringen nämlich selten Licht ins Dunkel: Fünf totgeschlagene Kakerlaken zum Beis...
Eigentlich habe ich nichts dagegen, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, mir Ihren Kaufvertrag, Quittungen, oder Abrechnungen zusenden. Im Gegenteil: Oft ist es nur anhand solcher Pa-piere überhaupt möglich, Ihren Fall richtig zu beurteilen.
Aber beschränken Sie sich bei Ihren Zusendungen von Beweismitteln bitte auf schriftliche Dokumente und verschonen Sie mich mit Verdachtsobjekten anderer Art! Die bringen nämlich selten Licht ins Dunkel: Fünf totgeschlagene Kakerlaken zum Beispiel und eine plattgedrückte Wanze, die mir ein Leser per Post zuschickte, konnten zwar eine Ahnung seiner versauten Ferien vermitteln. Allein, beweisen tut das noch gar nichts: Das Ungeziefer könnte ja irgendwo erlegt worden sein.
Auch einem einsamen Nagel sehe ich nicht unbedingt an, dass er zuvor vom bösen Nachbarbuben in Ihren Velopneu gedrückt wurde. Gegen-stände solcher Art mögen allenfalls einen Verdacht erhärten, haben aber meist keine unmittelbare Beweiskraft und machen mich als Berater nur ratlos. In der Regel gelangen solche Stücke deshalb postwendend an den Absender zurück, ohne den Zweck der Wahrheitsfindung erfüllt zu haben.
Dieses Schicksal widerfuhr auch den dritten Zähnen, die mir einst eine gepeinigte Dame zukommen liess. Im Begleitbrief stand: "Die Prothese zwickt und treibt mich zum Wahnsinn! Machen Sie dem Zahntechniker bitte klar, dass ich nicht gewillt bin, für diesen Pfusch zu zahlen. Selbstverständlich steht das Gebiss zu Ihrer freien Verfügung."
Mit Dank zurück, Madame. Die Prothese kann nichts beweisen - und beissen kann ich gottlob noch mit meinen eigenen Zähnen.
Hans Ruedi Schmid