Gas ist teuer: Heute zahlen Haushalte im Durchschnitt 74 Prozent mehr als vor drei Jahren. Das zeigen Berechnungen des Bundesamtes für Statistik. Seit letztem Jahr wurde die Rechnung für alle Haushalte noch teurer – wegen einer sogenannten «Sicherstellungsabgabe». Diese wird jeweils von Oktober bis April erhoben und ist je nach Region unterschiedlich hoch: In Bern und im Aargau lag der Preiszuschlag bis April dieses Jahres für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von rund 20'000 Kilowattstunden (kWh) bei rund 74 Franken, in der Zentralschweiz bei 81 und in der Ostschweiz bei 37 Franken.
Der Begriff «Sicherheitsabgabe» legt nahe, dass es sich um eine gesetzliche Gebühr handelt, analog zur CO2-Abgabe. Doch das ist falsch. Sie ist nichts anderes als eine Kostenüberwälzung der Gaswerke auf die Haushalte. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs befürchtete der Bundesrat einen Gasmangel, da die Schweiz über keine nennenswerten Gasspeicher verfügt.
Er entschied, Reserven im Ausland abzusichern. Den Auftrag dazu erteilte er den fünf regionalen Gasnetzbetreibern Gasverbund Mittelland, Erdgas Zentralschweiz, Erdgas Ostschweiz, Gaznat in der Westschweiz und Aziende Industriali di Lugano. Die daraus entstehenden Kosten wälzen die Gasnetzbetreiber auf die lokalen Versorger ab – und diese wiederum auf die Privathaushalte und Gewerbebetriebe.
Den Gasversorgern geht es finanziell bestens
Auf der Rechnung der Kunden heisst die Kostenüberwälzung «Abgabe». Das ist irreführend. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung schreibt saldo, dass es sich explizit nicht um eine Abgabe handle. Trotzdem sprechen die solothurnische Sogas AG, die Neuenburger Viteos SA oder die Stadtzürcher Energie360 sogar von einer «gesetzlichen Abgabe». Das trifft nicht zu. Und der Bund schreibt Lieferanten auch nicht vor, die Kosten für die Gasspeicherung im Ausland an die Kunden weiterzugeben.
Den Gasversorgern geht es wirtschaftlich bestens. Sie hätten es nicht nötig, die Kunden mit diesen Sicherstellungskosten zu belasten. Das Gas wird auf europäischen Märkten von Unternehmen wie der Swiss Energy Trading AG eingekauft. Diese steigerte im letzten Jahr den Reingewinn von 2,5 auf 59 Millionen Franken.
Die Firma gehört dem Gasverbund Mittelland, Gaznat und Erdgas Zentralschweiz, die wiederum lokalen Gaswerken und damit der öffentlichen Hand gehören. So ist etwa Erdgas Zentralschweiz zu 64 Prozent im Besitz der Energie Wasser Luzern (EWL), und
35 Prozent gehören der WWZ AG in Zug. Die EWL schreibt saldo, man habe keine andere Wahl, als die «Sicherstellungsabgabe» an die Kunden zu überwälzen: «Der Aufschlag wurde von der regionalen Netzbetreiberin Erdgas Zentralschweiz erhoben.»
Einige Versorger zahlen zu viel kassierte Zuschläge zurück
Immerhin: Im laufenden Jahr fällt der Zuschlag dank des vergangenen milden Winters in einigen Regionen tiefer aus. So erhalten die Haushalte in Winterthur, St. Gallen, Frauenfeld, Wil und Schaffhausen von Oktober bis April knapp einen Drittel der einkassierten Zuschläge auf ihren Gasrechnungen zurückerstattet. Im Mittelland dagegen werden die Haushalte unverändert zur Kasse gebeten.