Freiwilligenarbeit in den Ferien: Je nach Organisation grosses Frustpotenzial
Ein Korallenriff putzen, Schildkröteneier bewachen oder Waisenkinder unterrichten. Freiwilligenarbeit in den Ferien ist verbreitet. Doch oft enden die Einsätze mit Enttäuschungen. saldo sagt, worauf man achten muss.
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saldo 02/2013
06.02.2013
Jonas Arnold
Arbeite und lebe während deiner Freiwilligenarbeit gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung, leiste einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensumstände», so wirbt die deutsche Reiseagentur Travelworks für Freiwilligeneinsätze in Entwicklungsländern. Dafür reiste Peter Arnold aus Cham ZG im Sommer 2011 nach Peru. Er entschied sich für einen Einsatz auf einer Öko-Kaffeeplantage.
Freiwilligenarbeit in den Ferien boomt. Im letzten Jahr buc...
Arbeite und lebe während deiner Freiwilligenarbeit gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung, leiste einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensumstände», so wirbt die deutsche Reiseagentur Travelworks für Freiwilligeneinsätze in Entwicklungsländern. Dafür reiste Peter Arnold aus Cham ZG im Sommer 2011 nach Peru. Er entschied sich für einen Einsatz auf einer Öko-Kaffeeplantage.
Freiwilligenarbeit in den Ferien boomt. Im letzten Jahr buchten 12 000 Schweizerinnen und Schweizer bei Globetrotter, Kuoni oder STA Travel eine Reise inklusive eines Arbeitseinsatzes.
Kuoni hat 17 solcher Reisen im Angebot. Zusammen mit Gapforce, einer englischen Organisation für Freiwilligeneinzäge, verkauft der Reiseveranstalter zum Beispiel drei Wochen Riffsäubern auf den Bahamas für 2350 Franken. Wer Waisenkindern Englisch beibringen möchte, kann dies beim thailändischen Entwicklungshilfeprojekt «Track of the Tiger» tun. Kosten: 770 Franken für eine Woche.
Den Flug müssen Interessierte meist selber bezahlen
Im Preis inbegriffen sind in der Regel Übernachtungen im Mehrbettzimmer und Mahlzeiten, nicht aber der Flug. Dieser kostet auf die Bahamas ab Zürich schnell einmal 1000 Franken. Das macht total 3350 Franken. Davon erhält Gapforce gemäss Kuoni rund 300 Franken für Administrations- und Werbekosten – Löhne, Werbung und Materialkosten. Kuoni selbst behält pro Reise 10 Prozent, in diesem Fall also 250 Franken.
Bei STA Travel können Interessierte aus 78 Angeboten auswählen. Die zweiwöchige Mitarbeit zur Erforschung und zum Schutz von Elefanten in Südafrika zum Beispiel kostet 1853 Franken. Inklusive Flug macht das rund 3000 Franken. Auch STA Travel behält nach eigenen Aussagen zirka einen Zehntel – rund 190 Franken. Etwa gleich viel geht an das beteiligte Projekt der Organisation Planeterra für Löhne und Werbung. Mit dem Rest bezahlt man Essen und Übernachtung, ebenfalls im Mehrbettzimmer.
Christine Plüss vom Arbeitskreis für Tourismus und Entwicklung in Basel warnt: «Wer in den Ferien einen freiwilligen Einsatz macht, sollte keine allzu grossen Erwartungen haben. Solche Reisen haben ein hohes Potenzial für Enttäuschungen.» Denn vielfach holen die Organisationen Freiwillige aus Europa, obwohl sie gar keine sinnvollen Einsätze anbieten können.
Sandsäcke schleppen statt im Kaffeeanbau mithelfen
Diese Erfahrung machte auch Peter Arnold. Seine Aufgabe in Peru: Sand- und Kiessäcke schleppen für einen Wegausbau. Über den Kaffeeanbau lernte er nichts. Und der Austausch mit den Leuten vor Ort beschränkte sich hauptsächlich auf das Kopfschütteln der Einheimischen: «Meine Gastfamilie und die Mitarbeiter haben sich über den Gringo, der bei ihnen Sandsäcke schleppte und dafür auch noch zahlte, kaputtgelacht.»
Ähnlich ging es Fabienne Sutter aus Trogen AR. Über STA Travel buchte sie einen Freiwilligeneinsatz in Sri Lanka, als Aushilfe in einer Schule. Dabei strich sie die Schulhausfassade neu. Sutter: «Diese war aber schon ziemlich frisch gestrichen.» Ihr sei die Arbeit deshalb sinnlos vorgekommen.
Günstiger und sinnvoller als Freiwilligeneinsätze von Reiseveranstaltern sind Einsätze für Nichtregierungsorganisationen:
- Die Organisation International Civil Service bietet Workcamps in der Schweiz und im Ausland, zum Beispiel das Organisieren von Freizeitaktivitäten für Kinder in der Mongolei. Man bezahlt in der Regel eine Einschreibegebühr zwischen 190 und 340 Franken. Dafür erhält man Kost und Logis. Den Flug bezahlt man selbst (www.scich.org).
- Der Internationale Landjugendaustausch ermöglicht die Mithilfe auf Bauernhöfen auf der ganzen Welt. Die Kosten liegen bei 480 Franken, Kost und Logis inbegriffen, plus Flug. Die Einsätze dauern ein bis drei Monaten (www.ifye.ch).
- Beim Bergwaldprojekt hilft man bei der Aufforstung von Schweizer Schutzwäldern. Die Teilnahme ist kostenlos, die Teilnehmer erhalten Kost und Logis, müssen aber für die Reisekosten aufkommen (www.bergwaldprojekt.ch).
Tipps: Freiwilligeneinsatz: So erkennen Sie seriöse Veranstalter
- Der Reiseveranstalter, die gastgebenden Partner und die Gemeinden haben klare Ziele für den Einsatz formuliert.
- Das Auswahlverfahren von Freiwilligen ist transparent.
- Es liegen klare Informationen über die Organisation und deren Partner, Programme und Einsatzorte vor.
- Es findet eine Vorbereitung, Ausbildung und Einführung statt.
- Die Freiwilligen erhalten Betreuung und Unterstützung während des ganzen Einsatzes.
- Die Organisation definiert Massnahmen, um den Freiwilligen bei Unfall oder Krankheit schnell zu unterstützen.
- Die Organisation verfügt über Jahresberichte und Angaben zu laufenden Projekten.