Seit langem ist unbestritten: Chemikalien aus der In- dustrie, Feinstaub oder Mikroplastik in der Umwelt können die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Doch auch der Lebensstil eines Mannes kann verhindern, dass seine Partnerin schwanger wird.
Die beiden deutschen Urologen Hans-Christian Schuppe von der Universität in Gießen (D) und Frank-Michael Köhn vom Andrologicum in München (D) sichteten die vorhandenen Studien zu diesem Thema und trugen die Fakten zusammen. Ihre Übersichtsarbeit veröffentlichten sie vor kurzem im deutschen Fachblatt «Die Urologie».
Schwangerschaft wird deutlich erschwert
Das Fazit der Experten: Je nach Lebensstil des Mannes kann es bis zu sieben Mal länger dauern, bis eine Frau schwanger wird. Zu den Riskofaktoren gehören zum Beispiel das Rauchen, eine Überhitzung der Hoden, Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung, Medikamente, zu wenig Bewegung und elektromagnetische Strahlung, wie sie zum Beispiel von Handys ausgeht.
Rauchen
Zigarettenrauch ist ein Feind der Spermien. Bereits frühere Übersichtsstudien konnten das deutlich belegen: Die Zahl der Spermien und ihre Beweglichkeit sind bei starken Rauchern geringer, ihre Qualität ist deutlich schlechter. Selbst die künstliche Befruchtung ergibt schlechtere Resultate. Der Grund: Bestimmte Substanzen im Tabakrauch verändern die Gene und erhöhen den Zellstress.
Nach dem Rauchstopp dauert es bis zu zwei Jahre, bis sich die Hoden erholt haben. Auch bei den E-Zigaretten gibt es laut den Autoren «erste Hinweise», dass sie die Fruchtbarkeit stören.
Wärme
Die Hoden produzieren am ehesten Spermien, wenn ihre Temperatur etwa 2 bis 3 Grad unter der des Körpers liegt. Je wärmer sie werden, desto weniger Spermien produzieren sie. Schädlich für die Spermien sind etwa Sauna oder heisse Bäder. Bei Männern, die zwei Mal pro Woche in die Sauna gehen oder alle drei Tage ein heisses Bad nehmen, nimmt die Zahl der Spermien «signifikant» ab.
Auch Männer in sitzenden Berufen wie etwa Chauffeure überhitzen die Hoden so sehr, dass eine Schwangerschaft erst «verzögert» möglich wird. Nachdem die Hoden der Wärme ausgesetzt waren, dauert es mehrere Wochen, bis sich die Produktion der Spermien wieder normalisiert.
Alkoholkonsum
Ein erhöhter Konsum von Alkohol schwächt nicht nur die Potenz, sondern auch die Fruchtbarkeit eines Mannes. Wer mehr als 20 Einheiten Alkohol pro Woche trinkt, riskiert ein «vermindertes Hodenvolumen», schreiben die Autoren.
Eine Einheit entspricht etwa einer Stange Bier oder einem Glas Wein. Die Dauer, bis die Frau schwanger wird, ist «signifikant» verlängert.
Unklar ist, wie sich moderater Konsum auswirkt. Mehr als fünf Einheiten pro Woche haben «möglicherweise» einen schädlichen Einfluss auf die Qualität der Spermien.
Fehlernährung
Wer sich häufig von Käse, Süssigkeiten, Fertig- und Milchprodukten ernährt und viel Kaffee und gezuckerte Getränke zu sich nimmt, hat eine reduzierte Spermaqualität. Wer sich dagegen mit wenig Fleisch, Fisch und viel Obst und Gemüse ernährt, scheint eine bessere Spermaqualität zu haben.
Falsche Ernährung führt oft auch zu Übergewicht. Bereits ein paar Kilos zu viel können die Qualität der Spermien vermindern. Der Effekt beginnt bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 25. Das entspricht einem Gewicht von 73 Kilogramm bei einer Körpergrösse von 170 Zentimetern (BMI = Gewicht in Kilogramm/Körpergrösse in Metern im Quadrat).
Medikamente
Eine ganze Liste von Medikamenten kann die Fruchtbarkeit von Männern stören. Dazu gehören zum Beispiel Schlafmittel der Gruppe der Benzodiazepine (Seresta, Temesta) oder das Haarwuchsmittel Propecia. Beide führen zu einer schlechteren Spermienqualität.
Auch der Missbrauch von Testosteron und anderen anabolen Steroiden hemmt die Bildung von Spermien und führt zu verkleinerten Hoden. Diese negativen Effekte sind zwar umkehr- bar, bei den anabolen Steroiden aber erst nach ungefähr sechs Monaten.
Strahlung
Unbestritten ist seit Jahren: Ionisierende Strahlen wie Röntgenstrahlen schädigen die Zellen der Hoden irreversibel. Die Produktion der Spermien setzt aus oder ist nur noch mangelhaft. Zudem können die Gene geschädigt werden. Weniger klar ist die Situation bei elektromagnetischen Strahlen, die etwa von Mobiltelefonen erzeugt werden – wenn sie etwa im Hosensack getragen werden.
Laborversuche zeigten, dass sie die Produktion der Spermien stören und ihre Beweglichkeit einschränken. Ein «möglicher negativer Einfluss» der Mobiltelefone auf die männliche Fruchtbarkeit, so schreiben die Autoren, sei allerdings noch «nicht ausreichend gesichert».
Bewegungsmangel
Männer, die keinen Sport machen und mehr als 20 Stunden pro Woche vor dem Fernseher sitzen, haben weniger Spermien. Das zeige zumindest eine der Untersuchungen, schreiben die Autoren.
Andere Studien konnten das allerdings nicht bestätigen. Wer hingegen Sport mache, verbessere zumindest «möglicherweise» seine Fruchtbarkeit.
Eine Studie zeigte: Stark überwichtige Männer, die dreimal pro Woche eine Stunde auf dem Laufband rannten, hatten «signifikant» mehr und beweglichere Spermien.