Manchmal ist einfach der Wurm drin. Gerade noch hat alles gepasst – und plötzlich geht nichts mehr. In der ­Musikindustrie nennt man so etwas One-Hit-Wonder. Bands, die gerade mal einen einzigen Hit landen und dann in der Versenkung verschwinden. Fools Garden ist so eine Band und «Lemon Tree» ihr grosser, aber einziger Hit. Heute wird er nur noch in Supermärkten gespielt, wo uns das locker-flockige Lied über einen Zitronenbaum wohl dazu animieren soll, noch ein, zwei Joghurts mehr in den Korb zu legen.

Darüber denke ich nach, als ich zu den Klängen von «Lemon Tree» durch den Supermarkt laufe und in einem Regal ein weiteres One-Hit-Wonder sichte: den Insekten-Riegel. 2017 hatte Coop als erster Detailhändler Insekten ins Regal genommen. Plötzlich war überall der Wurm drin: im Produktesortiment, in den Medien, in der Werbung. Der Mehlwurm sollte Wunder vollbringen: volle Teller für alle und volle Kassen für die Grossverteiler. Dazu kommen noch eine einfache Herstellung, ein hoher Nährwert und ein geringerer CO2-Ausstoss. 

Drei Jahre danach stelle ich fest: Mehlwürmer haben weder das Klima gerettet noch den Welthunger beseitigt. Ganz offensichtlich sind die Konsumenten nicht an Insekten interessiert. Der Werbe-Hype um Würmer und Käfer ist vergessen. Auch bei den Jungen: Wenn sie Flügel wollen, kaufen sie nicht Insektenriegel, sondern den österreichischen Energy-Drink, der solche zu verleihen verspricht. Und so ist der One-Hit-Wonder-Wurm wieder dort, wo er am liebsten ist. Auf dem Kompost. Wo er für Erde sorgt, auf welcher Zitronenbäumchen bestens gedeihen.