Befürworten Sie eine Erhöhung des Rentenalters beispielsweise auf 67 Jahre?», will die Internetplattform Smart-vote.ch wissen. Die Teilnehmer beantworten dort Fragen zu Themen wie Krankenkassen, Bildung oder Einwanderung. Resultat ist ein persönliches Profil, auf dem die politische Einstellung ersichtlich ist. Mitmachen kann jeder.
saldo hat die Einstellung zum Rentenalter 67 der bisherigen National- und Ständeräte unter die Lupe genommen. Sie stellen sich grösstenteils wieder zur Wahl. 153 der 200 Nationalräte verfügen über ein Smart-vote-Profil. Bei den Ständeräten sind es 24 von 46.
Resultat: 70 Nationalräte, die zur Wiederwahl antreten, sind für das Rentenalter 67. Dagegen sind 83. Im Ständerat sind 10 Mitglieder dafür und 14 Räte dagegen.
Am meisten Befürworter finden sich anteilsmässig bei der FDP und den Grünliberalen. 22 freisinnige National- und 6 Ständeräte sind für das Rentenalter 67 Jahre, darunter Parteipräsidentin Petra Gössi und Fraktionschef Beat Walti. Nur der Zürcher Ständerat Ruedi Noser, sein Luzerner Ratskollege Damian Müller und der Freiburger Nationalrat Jacques Bourgeois haben mit «eher nein» geantwortet. Bei der GLP sind alle Nationalräte mit einem Smartvote-Profil für eine Erhöhung. Deutlich ist das Ja bei den 7 BDP-Nationalräten. Nur die Zürcher Nationalrätin Rosmarie Quadranti ist dagegen.
Die Meinungen in der grössten Fraktion im Nationalrat, der SVP, sind gespalten: Eine Mehrheit von 30 Nationalräten ist für eine Anhebung des Rentenalters, 19 sind dagegen. Zu den Neinsagern gehören etwa Alfred Heer (Zürich), Franz Grüter (Luzern), Heinz Brand (Graubünden) oder Lukas Reimann (St. Gallen). Die CVP positioniert sich in der Frage zum Rentenalter links der Mitte: 15 Nationalräte lehnen eine Anhebung ab, 7 Nationalräte sind dafür. Im Ständerat beträgt das Verhältnis 6 Nein zu 2 Ja.
Einig sind sich die Linksparteien: In der SP wie bei den Grünen findet sich kein einziger Befürworter.
Massive Einbussen für 60-jährige Stellensuchende
Sollte das ordentliche Rentenalter auf 67 Jahre erhöht werden, führt das nicht automatisch zur längeren Erwerbstätigkeit der Angestellten (siehe Kasten). Aber sicher zu deutlich tieferen Renten. Pro Jahr der vorzeitigen Pensionierung reduziert sich die Rente der Pensionskasse um 6 bis 7 Prozent, die der AHV um 6,8 Prozent. Zwei Jahre Vorbezug verringern die Rente um 13,6 Prozent. Das bedeutet: Wer nach Einführung des Rentenalters 67 mit 65 Jahren pensioniert wird, erhält 13 bis 14 Prozent weniger Rente aus der 1. und 2. Säule (siehe Bild im PDF). Wer schon mit 60 Jahren Mühe hat, eine Stelle zu finden, müsste bei einer unfreiwilligen Frühpensionierung noch weit massivere Einbussen bei der Rente hinnehmen als heute.
FDP-Präsidentin Petra Gössi sagt dazu, es brauche deshalb Anreize für all jene, die länger arbeiten wollen und können. BDP-Präsident Martin Landolt erklärt, dass man sehr bewusst die Forderung nach einem höheren Rentenalter mit derjenigen verbunden habe, die Arbeitsmarktchancen der über 50-Jährigen zu verbessern. Das garantiert allerdings keinerlei Weiterbeschäftigung bis zum Alter 67.
Jeder Zweite in Frühpension
Viele Befürworter des Rentenalters 67 argumentieren mit einer angeblich höheren Lebenserwartung. «Wir werden immer älter, und es gibt immer mehr ältere Meschen», sagt SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt. Und Nationalrätin Christa Markwalder sagt: «Wir leben länger und sind gesünder. Das Regelrentenalter muss angepasst werden.»
Tatsache ist: Die im Jahr 2017 verstorbenen Rentner bezogen im Durchschnitt 17,6 Jahre lang AHV. Das ist gleich lang wie die 2012 Verstorbenen und gar 0,3 Jahre weniger als die 2016 Verstorbenen («K-Tipp» 13/2019). Trotzdem geht die Bundesverwaltung für die Zeitspanne ab 2015 bis 2045 von einem Anstieg der Lebenserwartung 65-jähriger Männer und Frauen um 3,9 bzw. 3,5 Jahre aus.
Fakt ist auch: Die Parlamentarier können nicht per Gesetz bestimmen, wann die Leute pensioniert werden. Das bestimmen häufig die Arbeitgeber. Ein Blick in die Neurentenstatistik des Bundes zeigt: 2017 bezog fast die Hälfte der Neurentner ihre erste Pensionskassenrente vor Erreichen des gesetzlichen Rentenalters. Das Durchschnittsalter betrug 63,4 Jahre. Schon heute also arbeitet nur jede zweite Person bis zum ordentlichen Pensionsalter. Die Statistik sagt nichts darüber aus, ob die Frühpensionierung freiwillig oder unfreiwillig war.