Für Kunden von Schweizer Banken mit Wohnsitz in der Schweiz gilt das Bankkundengeheimnis. Das bedeutet: Bankmitarbeiter, die Daten weitergeben, machen sich strafbar. Geschützt sind alle Informationen, die das Finanzinstitut im Rahmen seiner bankgeschäftlichen Beziehungen über seine Kunden erfährt. Das Bankgeheimnis gilt immer, sofern Kunden nicht ausdrücklich darauf verzichten.
Für die Kunden hat ein solcher Verzicht nur Nachteile. Gilt das Bankgeheimnis nicht mehr, wissen die Kontoinhaber nicht, welche Privaten, Unternehmen und Behörden in aller Welt ihre Bankkonten, ihr Zahlungsverhalten und ihr Vermögen kennen.
Verständlicherweise sind die wenigsten Bankkunden bereit, auf das gesetzlich geschützte Bankgeheimnis zu verzichten. Deshalb versuchen immer mehr Banken, ihren Kunden einen solchen Verzicht unterzujubeln: indem sie neue Allgemeine Vertragsbedingungen versenden.
Eine der ersten war die WIR-Bank. In ihrem neuen Kleingedruckten hiess es im Oktober 2016: «Der Kunde verzichtet in vollem Umfang auf den Schutz des Bankkundengeheimnisses.» Seither verschickt Bank für Bank neue Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs), in denen das Bankgeheimnis ganz oder teilweise aufgehoben werden soll.
Nur: Rechtlich kann dies nicht einseitig von der Bank angeordnet werden. Es ist der Kunde, der auf den Schutz des Bankgeheimnisses verzichten muss. Laut dem Luzerner Assistenzprofessor Stefan Maeder liegt keine wirksame Einwilligung in die Verletzung des Bankgeheimnisses vor, wenn der Kunde das Kleingedruckte nicht gelesen hat oder seine Bedeutung nicht versteht («K-Geld» 2/2022). Das heisst: Die Banken können das Bankgeheimnis nicht einfach durch den Versand neuer AGBs aushebeln.
Die meisten Banken lassen Daten im Ausland verarbeiten
Hintergrund der Vertragsänderungen: Immer mehr Banken lassen ihre Daten im Ausland verarbeiten und speichern. In den Geschäftsbedingungen der Credit Suisse heisst es etwa: «Die Bank kann Tätigkeiten und Dienstleistungen an andere Rechtseinheiten der Credit Suisse Group weltweit sowie an externe Dienstleister (einschliesslich deren Subunternehmer) auslagern.»
Im Ausland gelagerte Kundendaten unterliegen dem Recht des jeweiligen Staats. Ausländische Behörden können diese Daten einsehen, sofern es die dortigen Gesetze erlauben. In den AGBs der Zürcher Kantonalbank heisst es wörtlich: «Der Schutz von Kundendaten, die ins Ausland gelangen, richtet sich nach dem jeweiligen ausländischen Recht.»
Bisher schrecken viele Banken vor der Auslagerung ins Ausland noch zurück. Denn damit stossen sie bei den Kunden auf Widerstand. So melden sich saldo-Leser seit Monaten mit dem gleichen Anliegen: «Ich will, dass meine Kundendaten in der Schweiz bleiben. Die Aushebelung des Bankgeheimnisses nehme ich nicht hin.»
Eine Umfrage von saldo bei 25 Schweizer Banken ergab: Praktisch alle ermächtigen sich in den AGBs, Kundendaten durch Dienstleister im Ausland bearbeiten und speichern zu lassen.
saldo-Musterbrief gegen Aushebelung des Datenschutzes
Bis vor wenigen Jahren konnten Kunden problemlos zu einer Bank wechseln, welche das Bankgeheimnis vorbehaltlos einhielt. Zuletzt waren es vor allem noch Regionalbanken, die das Gesetz nicht mit einschränkenden AGBs abändern wollten. Heute ist das auch bei diesen Banken nicht mehr der Fall. Praktisch alle schränken die Geltung des Bankgeheimnisses für spezielle Fälle ein. Dabei geht es den Banken etwa darum, Kundendaten – im Fall eines Rechtsstreits gegen ihre Kunden – verwenden zu können. Dazu gehören etwa Avera, Bank BSU, Bernerland Bank, die Clientis-Bankgengruppe, DC Bank, Valiant, Zürcher Landbank sowie die Kantonalbanken Glarus und Schwyz.
Tipp: Wer neue AGBs seiner Bank erhält, welche einen Verzicht des Kunden aufs Bankgeheimnis enthalten, kann ihr mitteilen, dass er damit nicht einverstanden ist. Dann gilt der bisherige Vertrag weiter. Ein Musterbrief ist im Internet abrufbar unter Saldo.ch.