Die Beziehung dauerte weniger als ein Jahr – doch laut der Schilderung der Geschäftsfrau vor dem Einzelrichter verlief sie dramatisch. Der 42-jährige Handwerker habe sie schwängern wollen, sagt die 47-jährige Beklagte dem Einzelrichter. Doch sie habe das zu verhindern gewusst. Der Kläger habe auch darauf bestanden, dass ein richtiges Paar alles teile, inklusive ihr Haus. Darauf sei sie nicht hereingefallen. Ihr habe vielmehr gedämmert, worum es ihm wirklich gehe – um Geld. Deshalb habe sie die Beziehung beendet.
Danach habe er begonnen, Druck aufzusetzen, und sei mit Geldforderungen gekommen. Er habe sogar behauptet, krebskrank zu sein. «Es ist schmerzhaft für eine Frau, wenn sie auf diese Weise feststellen muss, wie ihr Mann wirklich tickt», erklärt sie dem Gericht.
Handwerker: «Ich habe ganze Wochenenden lang gearbeitet»
Wer hier wen um den Finger gewickelt hat, ist unklar. Liebe und Enttäuschung verkomplizieren die Sache auch in der Version des Handwerkers. Zuerst habe er nach Feierabend privat diverse kleinere Arbeiten beim Umbau ihres Ladenlokals erledigt und 1700 Franken dafür erhalten. Dann habe ihn die Geschäftsfrau zum Essen eingeladen und gefragt, ob er als versierter Allrounder auch in grösserem Umfang zupacken könne. Sie wäre froh, weil der Umbau bis zur Geschäftseröffnung sonst nicht fertig werde. Er habe zugesagt und zum Teil ganze Wochenenden gearbeitet. Man sei sich näher gekommen. Doch er sei immer vertröstet worden, wenn es um eine Bezahlung ging.
Geschäftsfrau: «Ich habe nie Geld versprochen»
Die Ex-Freundin, die während der Aussagen des Handwerkers öfters heftig den Kopf schüttelt, widerspricht: «Ich habe nie damit gerechnet, dass er für seine Hilfe etwas verlangt, und ihm abgesehen vom ersten Auftrag auch nie Geld versprochen.»
Der Anwalt der Geschäftsfrau doppelt nach: «Die Arbeiten wurden bezahlt, bis die beiden ein Paar waren. Nachher war er nicht mehr der angestellte Bauarbeiter, sondern der Partner, der ganz normal nach Feierabend mal eine Handreichung tut, ohne dafür gleich 80 Franken pro Stunde zu verlangen.»
Der Anwalt des Klägers ist damit nicht einverstanden: «Eine Partnerschaft schliesst Leistungen gegen Entgelt nicht aus.» Das gelte erst recht, wenn die Partner nicht verheiratet sind. Er legt eine detaillierte Aufstellung über rund 1000 Arbeitsstunden vor, aus denen die vor Gericht eingeklagte Forderung von 76 000 Franken resultiert. Falls nötig, gebe es Zeugen, die alle diese Arbeiten bestätigten. Das Arbeitsvolumen liege eindeutig über dem Ausmass von Freundschaftsdiensten, die zu einer Beziehung gehörten. Es sei klar, dass stillschweigend ein Werkvertrag zustande gekommen sei.
Das bestreitet die Gegenseite. Die Forderung sei ein Versuch des Handwerkers, sich zu rächen, weil ihn die Geschäftsfrau vor die Tür gesetzt habe, sagt der Anwalt der Geschäftsfrau. Ein Werkvertrag sei nie zustande gekommen. Er zerzaust die Stundenaufstellung. Position um Position geht er durch. Die meisten Arbeiten seien nie geleistet worden, andere massiv übertrieben. An einem Wochenende zum Beispiel mache er neun Stunden geltend, obwohl die beiden diese Zeit in einem Tiroler Wellnesshotel verbracht hätten. Tatsächlich gerechtfertigt seien höchstens 50 Stunden, was rund 1600 Franken ergebe.
Die Geschäftsfrau, die reichlich Make-up aufgelegt hat, blickt triumphierend. Der Kläger schaut mit verkniffenem Gesicht vor sich auf die Tischplatte. Die beiden sind sich spinnefeind. Das zeigen gegenseitige Strafanzeigen wegen Drohung und Verleumdung.
Richter: «Warum haben Sie dieses Dokument unterschrieben?»
Der Fall wird zusätzlich verkompliziert, weil der Ex-Freund die Frau über 28 000 Franken betrieb. Der Betrag beruht auf einer Schuldanerkennung der Geschäftsfrau. Der Richter fragt, warum sie dieses Dokument unterschrieben habe. «Weil er mir massiv drohte, er mache mich geschäftlich und privat fertig.»
Der Richter lässt den Fall dreieinhalb Jahre ruhen. Dann lädt er zu einer weiteren Verhandlung. Zeugen werden keine einvernommen. Stattdessen führt er Vergleichsgespräche. Nach langem Ringen willigt die Geschäftsfrau ein, 15 000 Franken zu zahlen – in zwanzig Raten zu 750 Franken. Auf den Rest verzichtet der Handwerker. Er veranlasst auch die Löschung der Betreibung. Beide Seiten ziehen ihre Strafanzeigen zurück.
Was «zügig» heisst, definiert das Gericht
Der Richter des Kantonsgerichts Schaffhausen liess den im Haupttext geschilderten Fall nach der Hauptverhandlung dreieinhalb Jahre ruhen. Das ist aussergewöhnlich lang.
Doch Richter bestimmen selbst, wie rasch sie einen Fall bearbeiten. Es gibt keine gesetzlichen Fristen. Dies im Gegensatz zu den Parteien: Diese müssen ihre Rechtsschriften immer innert einer bestimmten Frist einreichen.
Die Zivilprozessordnung schreibt für die Gerichte einzig in einer allgemein formulierten Bestimmung vor, dass die Richter Prozesse «zügig» vorzubereiten und durchzuführen haben (Artikel 124). Wie der Begriff «zügig» ausgelegt wird, ist von Richter zu Richter unterschiedlich.