Apfelsaft - Naturwunder aus Mostindien
Inhalt
saldo 17/2000
25.10.2000
Mostschwemme im Land: Der Obstsegen 2000 schwemmt anderthalbmal mehr Apfelsaft in die Tanks, als die Schweizer trinken. Ein teurer Rekord.
Apfelblütenpracht im Frühling und Erntesegen im Herbst. Eigentlich sollten sich alle freuen, aber echte Begeisterung mag nirgends aufkommen. Grund: Die Bauern bekommen immer weniger Geld für ihre Äpfel. Die Mostereien ertrinken im Obstsaft.
Und die Konsumenten? Sie profitieren nicht von niedrigeren Preisen. Als Steuerzahler ...
Mostschwemme im Land: Der Obstsegen 2000 schwemmt anderthalbmal mehr Apfelsaft in die Tanks, als die Schweizer trinken. Ein teurer Rekord.
Apfelblütenpracht im Frühling und Erntesegen im Herbst. Eigentlich sollten sich alle freuen, aber echte Begeisterung mag nirgends aufkommen. Grund: Die Bauern bekommen immer weniger Geld für ihre Äpfel. Die Mostereien ertrinken im Obstsaft.
Und die Konsumenten? Sie profitieren nicht von niedrigeren Preisen. Als Steuerzahler müssen sie über Subventionen sogar jährlich 15 Millionen Franken bezahlen, damit die Überschüsse billig im Ausland verhökert werden können. "Wenn jeder Schweizer pro Woche nur einen Liter Saft trinken würde", sagt Michael Sutter von Thurella, "dann würde selbst eine Rekordernte nicht ausreichen."
Junge Generation trinkt kaum mehr Apfelsaft
Für Thurella wirbt die letztjährige Miss Schweiz, Anita Buri. Sie soll dem Süssmost als "Naturwunder aus Mostindien" ein jugendlichdynamisches Image verpassen. Das hat der Saft auch dringend nötig. Die alten Möstler sterben nämlich langsam weg: Jährlich trinken die Schweizer 12 Liter Saft. Junge aber greifen immer häufiger nach trendigen Drinks.
Vier grosse Mostereien beherrschen über 90 Prozent des Saftmarktes - Kassensturz hat sie zum Verkosten ihrer Apfelsäfte geladen. Die Testtrinker neben Buri und Sutter: Ernst Möhl von der Mosterei Möhl, Roland Andrey von Granador und Paul Wieland von Pomdor-Ramseier.
Jeder Mostbaron brachte seine meistverkauften Apfelsäfte mit: je einen klaren und einen trüben Süssmost. Ihre Aufgabe: die aus neutralen Karaffen servierten acht Säfte benoten und herausfinden, welcher aus dem eigenen Keller stammt.
Diese Aufgabe schaffte nur Ernst Möhl überzeugend. Er schnupperte und schmeckte seine Möhl-Säfte selbstsicher heraus. Warum? Möhl: "Weil ich diese Säfte täglich trinke, muss ich das doch merken." Andrey und Sutter fanden je einen eigenen Most heraus. Wieland und Anita Buri lagen zweimal knapp daneben. Wieland: "Es war schwierig. Man kann sie leicht verwechseln." Roland Andrey pflichtet bei: "Alle Säfte liegen dicht beieinander."
Und die Noten? Die fielen bei allen und für alle sehr wohlwollend aus. Wahrscheinlich wollte keiner riskieren, das eigene Produkt im Blindtest herabzustufen. Möhl gab seinen eigenen Säften zweimal die Höchstnote 10. Und so hob er sich zuoberst aufs Podest.
Andreas Grämiger