Jedes zweite Produkt geht zu sehr unter die Haut
Ein saldo-Test zeigt: Viele Körperlotionen enthalten noch immer bedenkliche Stoffe. So ist nur die Hälfte der 12 im Labor untersuchten Produkte empfehlenswert.
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saldo 14/2005
14.09.2005
Sigrid Cariola
Männer wie Frauen greifen nach dem Duschen oder nach dem Saunabesuch zu Körperlotionen, um die Haut mit Feuchtigkeit zu versorgen. Gemäss dem Marktforschungsinstitut AC Nielsen geben die Schweizerinnen und Schweizer pro Jahr über 43 Millionen Franken für Körperlotionen aus. Die Auswahl ist riesig. Neben den Edelmarken der Parfümindustrie gibt es eine Vielzahl von Produkten, die weniger als 10 Franken kosten.
saldo wollte wissen, ob die Lotionen problematische Stoffe enthalt...
Männer wie Frauen greifen nach dem Duschen oder nach dem Saunabesuch zu Körperlotionen, um die Haut mit Feuchtigkeit zu versorgen. Gemäss dem Marktforschungsinstitut AC Nielsen geben die Schweizerinnen und Schweizer pro Jahr über 43 Millionen Franken für Körperlotionen aus. Die Auswahl ist riesig. Neben den Edelmarken der Parfümindustrie gibt es eine Vielzahl von Produkten, die weniger als 10 Franken kosten.
saldo wollte wissen, ob die Lotionen problematische Stoffe enthalten, und liess 12 der meistverkauften Produkte im Labor untersuchen. Die günstigste Lotion mit einem Preis von knapp 40 Rappen pro 100 Milliliter stammte von Aldi. Die teuersten Produkte stammen aus den Häusern Kneipp und The Body Shop und kosten gut 7 Franken pro 100 Milliliter. Doch egal, ob Luxuscreme oder Billigware - Körperlotionen bestehen zu 80 Prozent aus Wasser. Hinzu kommen Fette oder Öle sowie Duft- und Konservierungsstoffe. Letztere zwei nahmen die Tester besonders genau unter die Lupe.
Die Resultate der Laboruntersuchungen sind zwar nicht durchwegs positiv, doch besser als vergleichbare Analysen aus den vergangenen Jahren: Immerhin die Hälfte der Produkte ist frei von bedenkli-chen Konservierungsmitteln und problematischen Duftstoffen wie künstlichen Moschusverbindungen. Diese Lotionen werden als «empfehlenswert» eingestuft.
Flair Silk: Einzige Lotion im Test ohne allergene Duftstoffe
Fast alle Lotionen enthalten aber Duftstoffe, die bei empfindlichen Menschen Allergien auslösen können. Im saldo-Test kommt nur ein einziges Produkt ohne diese Beigabe aus: Flair Silk von Migros.
Die meisten Kosmetikhersteller halten solche Duftnoten für unverzichtbar: «Ohne diese Stoffe besitzen Parfüme wenig Ausstrahlung, Wärme oder Charakter. Dem Duft fehlt es an Stärke und Substanz», sagt Sheela Levy von der englischen The-Body-Shop-Zentrale. Seit März 2005 müssen die Hersteller in der EU die 26 häufigsten allergieauslösenden Duftstoffe deklarieren. Nach Angaben des Bundesamtes für Gesundheit wird diese Informationspflicht voraussichtlich ab Dezember auch in der Schweiz in Kraft treten. Zu den problematischen Duftnoten gehören übrigens nicht nur chemisch hergestellte Substanzen, sondern auch natürliche ätherische Öle wie zum Beispiel Geraniol oder Citronellol.
Vier Produkte mit polyzyklischen Moschusverbindungen
Manche Hersteller begnügen sich nicht mit einigen wenigen Duftstoffen. Beim Coop-Produkt Beldam zum Beispiel stehen die Konsumenten mit 17 allergenen Duftstoffen vor einer schwierigen Aufgabe. Bei Beldam sind zwar bereits jetzt alle allergenen Duftstoffe deklariert. Wegen ihrer grossen Anzahl wird das Produkt jedoch lediglich als «bedingt empfehlenswert» eingestuft.
Allergene Duftstoffe machen schätzungsweise jedoch nur zwischen 1 und 3 Prozent der Konsumenten das Leben schwer. Heikler sind da vermutlich die polyzyklischen Moschusverbindungen. Vier Hersteller mischen ihren Produkten solche Verbindungen bei: Colgate-Palmolive, Garnier, The Body Shop und Straub-Cosmetics. Moschus- Duftstoffe sind bedenklich, weil sie im Verdacht stehen, das Immunsystem zu schwächen und die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen.
Musk-Lotionen: Unnötige Belastung für den Körper
Besonders hohe Anteile an diesen künstlichen Moschusverbindungen enthalten die Lotionen White Musk von The Body Shop und Musk von Bettina Barty. Darauf deutet aber auch bereits der Name hin: Musk ist die englische Bezeichnung für Moschus. Wer seinem Körper eine unnötige Belastung ersparen will, sollte auf Produkte mit dieser Duftnote verzichten, zumal Körperlotionen grossflächig aufgetragen werden und stundenlang auf der Haut verbleiben.
Die Laboruntersuchungen zeigten, dass alle Produkte mit Moschusverbindungen auch Weichmacher enthalten. Die Kosmetikindustrie setzt diese sogenannten Phthalate ein, um die Duftstoffe in Parfüms und Cremes stabil zu halten. Experten stufen Phthalate als problematisch ein, weil sie sehr wahrscheinlich die Fortpflanzungsorgane schädigen. The Body Shop arbeitet nach eigenen Angaben daran, den Einsatz der Phthalate einzuschränken. «Bis Ende des nächsten Jahres reduzieren wir auch die Zahl der Produkte, die künstliche Moschusverbindungen enthalten», verspricht Sheela Levy. «Spätestens Ende 2010 wird The Body Shop kein einziges Produkt mehr verkaufen, das diese Substanzen enthält.»
Positiv: Keine der Cremes enthält Formaldehydabspalter
Erfreulich ist, dass die in früheren Untersuchungen häufig nachgewiesenen Formaldehydabspalter aus den meisten Produkten verschwunden sind. In den 12 untersuchten Körperlotionen finden sie sich lediglich in der L'Oréal Nutrisoft Body Milk und in der Garnier Body Lotion. Die beiden Produkte kommen vom weltweit grössten Kosmetikhersteller L'Oréal und sind aufgrund ihrer Inhaltsstoffe nur bedingt empfehlenswert respektive gar nicht empfehlenswert.
Diese Stoffe sind problematisch
- Formaldehyd: Diese Substanz soll stark wasserhaltige Produkte haltbarer machen. Zum Teil setzen Hersteller auch Konservierungsstoffe ein, die Formaldehyd abspalten. Formaldehyd und Formaldehydabspalter können die Schleimhäute reizen und Allergien auslösen. Der Stoff gilt zudem als krebserregend.
- Polyzyklische Moschusverbindungen: Am häufigsten setzen Kosmetikhersteller Tonalide und Galaxolide ein. Diese künstlichen Moschusverbindungen lagern sich im Fettgewebe ab und wurden bereits in beträchtlichen Dosen in der Muttermilch nachgewiesen. Zurzeit laufen mehrere Studien, die klären sollen, inwiefern sie Fruchtbarkeit und Immunsystem schädigen. Für ihre Vorläufer, die Nitro-Moschusverbindungen, ist dies nachgewiesen.
- Halogenorganische Verbindungen: Die Hersteller verwenden sie ebenfalls als Konservierungsmittel. Sie reichern sich in der Umwelt an. Einige gelten als allergieauslösend und krebserregend.
- Phthalate: Weichmacher werden als Trägersubstanzen für Duftstoffe verwendet. Bestimmte Substanzen wie DEP, BBP und DEHP beeinträchtigen die Fortpflanzung. Die EU untersagt daher ihren Einsatz in Kosmetikprodukten. In der Schweiz tritt dieses Verbot 2006 in Kraft.
- Allergene Duftstoffe: Seit März 2005 verlangt die EU von den Herstellern, 26 Duftstoffe einzeln auf der Verpackung auf-zuführen. Bei Produkten, die wie Cremes auf dem Körper verbleiben, gilt die Deklarationspflicht ab einer Konzentration von 10 mg/kg. Bei Shampoos oder Duschgels, also Produkten, die abgespült werden, ist erst eine Menge von 100 mg/kg deklarationspflichtig.