Seit bald zwei Jahren arbeitet Sabine Häusler (Name geändert) als Jockey und Bereiterin in einem Reitstall. Kürzlich stellte sie fest, dass sie schwanger ist. Da ihre Arbeit körperlich sehr anstrengend ist und die Schwangerschaft gefährden könnte, riet ihr der Arzt, mit dem Reiten aufzuhören. Sabine Häusler liess ihren Chef wissen, dass sie ihre Arbeit nicht mehr ausüben werde. Doch der Reitstallbesitzer legte sich quer und erklärte, ohne Arbeit gebe es keinen Lohn.

Obligatorischer Mutterschaftsurlaub mit Lohnzahlung

Dies muss sich seine Angestellte nicht gefallen lassen: Laut Arbeitsgesetz darf sie beschwerliche Tätigkeiten verweigern, wenn diese ihre eigene oder die Gesundheit des Kindes gefährden würden. Kann ihr der Chef keinen leichteren Job anbieten, muss er Sabine Häusler freistellen und ihr 80 Prozent des Lohns zahlen.

Diese Regelung gilt für die ganze Schwangerschaft bis zur Geburt - und dann wieder von der 9. bis zur 16. Woche nach der Niederkunft. Dazwischen liegen acht Wochen obligatorischer Mutterschaftsurlaub. Während dieser Frist gilt für die Mutter ein striktes Arbeitsverbot. Sabine Häuslers Arbeitgeber hat durchblicken lassen, dass er sich weigert, während dieser acht Wochen den Lohn zu zahlen - schliesslich habe er keine Mutterschaftsversicherung.

Doch damit kommt der Chef des Reitstalls nicht durch. Seine Angestellte hat auch während des Mutterschaftsurlaubs Anspruch auf ihr Gehalt, denn Schwangerschaftsabsenzen und Mutterschaftsurlaub nach der Geburt werden laut Gesetz gleich behandelt wie eine Krankheit. Sabine Häusler arbeitet in der Region Zürich, und zwar im zweiten Anstellungsjahr. Daher hat sie während acht Wochen Anspruch auf 100 Prozent ihres Lohns (siehe Kasten).


Absenzen im gleichen Dienstjahr werden angerechnet

Aber aufgepasst: Der Anspruch besteht unter Umständen nicht für die ganze Dauer des Mutterschaftsurlaubs, denn Arbeitsabsenzen im gleichen Dienstjahr werden an den Lohnfortzahlungsanspruch angerechnet. Wenn die werdende Mutter also schon zwei Wochen vor der Geburt arbeitsunfähig wird, hat sie nach der Niederkunft nur noch während sechs Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Da die Schweiz als einziges Land in Europa noch keine obligatorische Mutterschaftsversicherung kennt, besteht die Gefahr eines Lohnausfalls. Um diesen zu verhindern, hätte Sabine Häusler eine persönliche Taggeldversicherung abschliessen müssen. Jetzt ist es dafür allerdings zu spät: Die Policen sehen nämlich vor, dass Taggelder bei Mutterschaft nur ausgerichtet werden, wenn die Mutter vor der Geburt während mindestens 270 Tagen - also neun Monaten - versichert war.

Arbeitnehmerinnen informieren sich deshalb mit Vorteil bereits bei Stellenantritt, ob in der neuen Firma eine betriebliche Taggeldversicherung mit Einschluss des Risikos Mutterschaft besteht. Wenn das nicht der Fall ist, lohnt es sich, frühzeitig eine private Versicherung abzuschliessen.



Das steht Arbeitnehmerinnen zu

Ohne Taggeldversicherung:

Besteht im Betrieb keine kollektive Krankentaggeld- und keine Mutterschaftsversicherung, hat im Kanton Zürich eine Angestellte in diesen Fällen den vollen Lohn während mindestens drei Wochen zugut. Ab dem zweiten Dienstjahr sind es acht Wochen, nachher pro weiteres Arbeitsjahr jeweils eine Woche mehr. Neben der Zürcher Skala wird in der Deutschschweiz für die Bemessung des Lohns bei Arbeitsunfähigkeit auch die Berner oder die Basler Skala angewendet. Diese regeln die Lohnzahlungspflicht leicht anders. Das Gericht an Ihrem Wohnsitz weiss, welche Skala für Sie gilt.

Mit Versicherungsschutz:

Viele Betriebe haben für krankheits- und schwangerschaftsbedingte Absenzen und die ersten acht Wochen nach der Niederkunft eine Taggeldversicherung abgeschlossen. Diese zahlt in der Regel 80 Prozent des Lohnes und ersetzt die gesetzlich vorgeschriebene volle Lohnzahlungspflicht.