Vorsicht vor undurchsichtigen Vermögensanlagen
Die Zürich verkauft nicht nur Lebensversicherungen. Ihre Tochter Zurich Invest ist in der Vermögensverwaltung tätig. Vorsicht: Die Pauschalvollmachten sind mit Verlustrisiken und unklaren Kosten verbunden.
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saldo 14/2012
09.09.2012
Letzte Aktualisierung:
10.09.2012
Harald Tappeiner
Die Klotenerin M.K. machte sich im Jahr 2000 selbständig und eröffnete im St. Gallischen ein Nailstudio. Das Freizügigkeitsgeld der Pensionskasse wollte sie fürs Alter sicher anlegen. Etwa die Hälfte investierte sie in Swissair-Aktien, die andere Hälfte auf Anraten eines Vertreters der Zürich-Versicherungen als «sichere Anlage» im Zurich Invest Select Portfolio Balanced.
Heute ist sie um zwei bittere Erfahrungen reicher: Die Swi...
Die Klotenerin M.K. machte sich im Jahr 2000 selbständig und eröffnete im St. Gallischen ein Nailstudio. Das Freizügigkeitsgeld der Pensionskasse wollte sie fürs Alter sicher anlegen. Etwa die Hälfte investierte sie in Swissair-Aktien, die andere Hälfte auf Anraten eines Vertreters der Zürich-Versicherungen als «sichere Anlage» im Zurich Invest Select Portfolio Balanced.
Heute ist sie um zwei bittere Erfahrungen reicher: Die Swissair-Aktien waren ein Totalverlust, mit der Zurich Invest verlor sie nochmals einen Drittel des restlichen Vermögens. Die Zurich Invest AG ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Zürich-Versicherungen. M. K. hatte ihr 50 000 Franken anvertraut. Nach elf Jahren sind 17 000 Franken davon verloren.
Ein gutes Geschäft jedoch machte die Versicherung: Gleich beim Abschluss belastete sie eine «Einstiegsgebühr» von 1500 Franken, anschliessend Jahr für Jahr «Depotgebühren» und «Vermögensverwaltungsgebühren» – bis Ende 2011 insgesamt 6100 Franken.
Zurich Invest hat bei dieser Anlage praktisch freie Hand
Dazu kamen aber noch versteckte Gebühren: Florian Schubiger von der Vermögenspartner AG in Winterthur schätzt den Anteil der nicht ausgewiesenen Kosten jährlich auf zusätzlich 1 Prozent. Das bedeutet, dass die Kundin in zehn Jahren so weitere 5000 Franken verloren hat. Frank Keidel von der Zürich sagt dazu, die Gebührenstruktur sei fair und transparent.
Hinter der Anlage Zurich Invest Select Portfolio verbirgt sich ein Vermögensverwaltungsauftrag. Er gibt der Zurich Invest freie Hand. Wörtlich heisst es darin: «Durch den Vermögensverwaltungsauftrag wird die Zürich ermächtigt, alle Handlungen auszuführen, die sie im Rahmen der üblichen Vermögensverwaltung als zweckmässig erachtet.» Der Kunde verpflichtet sich zur Bezahlung von Gebühren, «die sich aus dem aktuell gültigen Gebührenreglement ergeben». Zusätzlich zu diesen Kosten «entschädigt sich die Zürich durch die von der Depotbank, Fondsleitung und anderen Dritten bezahlten Retrozessionen». Dabei handelt es sich um Kickbacks, welche die Zürich von Fondsgesellschaften erhält, wenn sie den Kunden deren Anteile ins Depot legt.
Die Zürich macht also die hohle Hand auf zwei Seiten: Sie lässt sich von der Kundin und den Fondsvertreibern bezahlen. Dies ist rechtlich nur zulässig, wenn die Kundin davon weiss und den Betrag der von der Zürich kassierten Provisionen kennt. Das war hier nicht der Fall. Die Zürich sagt dazu, sie erhalte keine Retrozessionen oder Kickbacks.
Kundin war über das hohe Risiko nicht aufgeklärt worden
Die in Geldanlagen gänzlich unerfahrene M.K. hatte im Vertrag die Variante «balanced» gewählt: «Ich wollte eine ausgewogene Strategie mit mittlerem Risiko verfolgen», erklärt sie. Angesichts des Verlusts sei es aber eine Hochrisikoanlage gewesen. Tatsächlich: Das Zurich Invest Portfolio enthält neben Aktien und Obligationen alternative Anlagen, inklusive Hedge Fonds. Zudem besteht ein Fremdwährungsrisiko. Das hohe Risiko wird von der Zurich verschleiert. Im Prospekt heisst es: «Das Portfolio eignet sich für Anleger, die nur beschränkt grössere Ertragsschwankungen in Kauf nehmen und in einem gewissen Umfang am langfristigen Wirtschaftswachstum partizipieren wollen. Die reale Kapitalerhaltung und die langfristige Vermehrung des Vermögens durch regelmässiges Einkommen stehen im Vordergrund.»
Die Zürich-Versicherung schreibt, sie bedaure die Verluste von M. K. und habe mit ihr ein klärendes Gespräch vereinbart.
Vermögensverwaltung: Das sollten Sie beachten
- Unterschreiben Sie nie einen Vermögensverwaltungsvertrag ohne ausführliches Beratungsgespräch und konsultieren Sie vor der Unterschrift eine in Anlagefragen erfahrene Vertrauensperson.
- Definieren Sie im Vertrag so genau wie möglich, in welche Anlagen investiert werden darf.
- Legen Sie eine Verlustlimite fest.
- Achten Sie darauf, dass alle Gebühren und Verwaltungskosten im Vertrag abschliessend genannt und in den Auszügen ausgewiesen werden.
- Schliessen Sie aus, dass das Verwaltungshonorar direkt dem Kundenkonto belastet wird. Zahlen Sie das Honorar gegen Rechnung.
- Wählen Sie einen Vermögensverwalter, der die von den Fonds usw. kassierten Retrozessionen offenlegt, und unterzeichnen Sie keinen Verzicht auf die Herausgabe dieser Gelder. Laut Gesetz stehen sie Ihnen zu.
- Der Vertrag ist jederzeit kündbar. Allfällige Kündigungsfristen sind ungültig.
- Erkundigen Sie sich über die jährlich anfallende Steuerbelastung der Anlage.
- Lassen Sie sich alle getroffenen Vereinbarungen stets schriftlich bestätigen.