Seit geraumer Zeit bestellt meine Frau viele Kleider und Schuhe im Internet. Jede Woche kommt ein neues Paket mit Schuhen, die zu gross sind. Der Pöstler klingelt zweimal und haut ab. Er darf ja nicht länger als eine Sekunde mit den Kunden reden.

Früher bin ich immer runtergerannt und wollte dem Pöstler wenigstens noch danke sagen. Nämlich für das Paket mit den zu grossen Schuhen.  Weil ich dick bin und nicht im Parterre wohne, erwischte ich ihn aber nie, den Pöstler. Meistens sass er schon wieder im gelben Postauto und fuhr zum nächsten Haus.

Jetzt mache ich Diät: Nach 22 Uhr verzichte ich auf Chips. Meistens. Nur noch selten wache ich in der Nacht schweissgebadet auf und esse Paprika-Chips oder die mit Zwiebel- und Knoblauch­geschmack. 

Weniger dick bedeutet aber auch: Ich kann nun schneller rennen. Letzte Woche klingelte es wieder morgens um halb acht. Ich schubste die Kinder zur Seite und rannte wie von Sinnen los. «Heute werde ich den Pöstler sehen!» Die fünf letzten Treppen­stufen sprang ich runter. Früher hätte ich mit diesem Riesensatz mein Schienbein zertrümmert. 

Ich riss die Haustür auf und schrie: «Danke für das Paket mit den zu grossen Schuhen!» Der Pöstler fiel fast um. Damit hat er nicht gerechnet. Ein lebender Paketempfänger? Gibt es die noch? Er stammelte «Guten Morgen» und taumelte zurück zu seinem gelben Postauto. Unsicher sah er sich nochmals um. 

Stolz ging ich zurück in die Wohnung und tröstete die Kinder. Meine Frau sah mich mit grossen Augen an: Hast du es geschafft? Jawohl! Sie machte das Paket auf – wieder zu grosse Schuhe.