So kommen Kleingewerbler zu günstigerem Strom
Unternehmen können vom Stromüberschuss und den sinkenden Preisen profitieren. Das gilt auch für Kleinbetriebe. Doch die Suche nach dem optimalen Stromlieferanten ist nicht ganz einfach.
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saldo 16/2013
09.10.2013
Marc Mair-Noack
Das Elektrizitätswerk des Kantons Zürich (EKZ) geht in die Offensive: Strom «jetzt bis zu 30% günstiger» teilt es den Betrieben in der Stadt Zürich mit, die alle an das Netz des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ) angeschlossen sind. Und: «Letzte Gelegenheit nutzen und 3 Jahre lang sparen», lockt es die bisherigen Kunden der Konkurrenz. Wer ein beigelegtes Formular ausfüllt und mit vorfrankiertem Couvert zurücks...
Das Elektrizitätswerk des Kantons Zürich (EKZ) geht in die Offensive: Strom «jetzt bis zu 30% günstiger» teilt es den Betrieben in der Stadt Zürich mit, die alle an das Netz des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ) angeschlossen sind. Und: «Letzte Gelegenheit nutzen und 3 Jahre lang sparen», lockt es die bisherigen Kunden der Konkurrenz. Wer ein beigelegtes Formular ausfüllt und mit vorfrankiertem Couvert zurückschickt, erhält ab nächstem Jahr zwei Stromrechnungen statt eine: Das EWZ stellt für die Netzkosten Rechnung, das EKZ für den gelieferten Strom.
Auf ein solches Angebot warten die Haushalte vergeblich. Sie haben keine Wahl und sind an den Stromlieferanten ihres Wohngebietes gebunden.
Für Gewerbler und grössere Unternehmen gilt: Wer jährlich über 100 000 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht, kann den Strom einkaufen, wo er will (siehe Kasten). Und das rechnet sich: Das EKZ verspricht, dass der Durchschnittskunde in drei Jahren 12 000 Franken einsparen kann.
Der Kunde muss laut Stromgesetz eine «wirtschaftliche und örtliche Einheit» bilden. Deshalb ist es nicht möglich, dass sich zum Beispiel mehrere Büros oder Handwerksbetriebe zusammenschliessen, um den erforderlichen Mindeststromverbrauch für den Einkauf auf dem freien Markt zu erreichen.
Bisher brachte diese freie Wahl keine Vorteile. Die Preise waren seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2009 auf dem freien Markt nicht günstiger als die Tarife des örtlich zuständigen Elektrizitätsversorgers.
Sparpotenzial schon für Kleinbetriebe bei 4000 Franken pro Jahr
Seit aber die Strompreise sinken, kommt Bewegung in den Markt. Für Beat Goldstein vom Bundesamt für Energie liegt dies vor allem am Überangebot aus der EU: «Die Nachfrage an Strom ist wegen der Wirtschaftskrise geringer als erwartet. Dazu wurden in Deutschland erneuerbare Energien stark gefördert.»
Heute liegen die Schweizer Marktpreise unter den Tarifen für die Haushalte, wie das erwähnte Beispiel in Zürich zeigt. Mit dem Angebot der EKZ können kleinere und mittlere Unternehmen Geld sparen. Wie hoch das Sparpotenzial pro Jahr ist, hängt von den konkreten Angeboten ab. Sparwillige Unternehmen kommen nicht darum herum, verschiedene Offerten einzuholen. Eine saldo-Stichprobe bei 30 Stromlieferanten ergab: Die Offerten für ein Unternehmen mit 100 000 kWh Stromverbrauch pro Jahr liegen zwischen 6,4 und 7 Rappen pro kWh. Heute bezahlen die meisten Unternehmen 1 bis 3 Rappen mehr, so die Eidgenössische Elektrizitätskommission.
Besonders teuer ist der Strom in der Westschweiz. Beispiel: Wenn ein Unternehmen im Kanton Waadt mit jährlichen Energiekosten von 10 200 Franken in den freien Markt wechselt, kann es pro Jahr bis zu 4000 Franken sparen.
Stromwerke - Lieferantenwechsel: So gehen Sie vor
- Holen Sie Offerten von grösseren Stromverkäufern ein. Einige Lieferanten wie IWB Basel und Swisspower veröffentlichen ihre Preise im Internet. Die Online-Rechner ergeben jedoch ein ungenaues Resultat. Besser: Eine individuelle Offerte verlangen.
- Fragen Sie Ihren jetzigen Stromlieferanten, ob er Ihnen einen günstigeren Tarif als bisher offeriert. Von Vorteil ist es, wenn Sie bereits ein besseres Angebot eines Konkurrenten zur Hand haben. «Die Erfahrung zeigt, dass lokale Stromlieferanten oft gute Preise bieten, weil sie ihre Kunden behalten wollen», sagt Matthias Zemp von der Stromberatungsfirma Enerprice in Luzern.
- Wer sich nicht selber um Offerten kümmern will, kann sich an eine spezialisierte Beratungsfirma wie Enerprice in Luzern wenden. Eine Beratung kostet rund 500 Franken.
- Wichtig: Für einen Wechsel zu einem anderen Stromversorger hat man nur bis Ende Oktober Zeit. Hat man sich beim neuen Lieferanten angemeldet, übernimmt dieser in der Regel die Kündigung beim lokalen Netzbetreiber. Wegen des administrativen Aufwands setzen die meisten Lieferanten zur Sicherheit den Wechseltermin ein paar Tage früher fest. Beispiele: IWB Basel am 25. Oktober, Swisspower am 20. Oktober, die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich am 18. Oktober. Die Verträge laufen meist zwei oder drei Jahre zu einem Fixpreis.
- Der Gang in den freien Markt will gut kalkuliert sein. Wer umsteigt, muss mit einmaligen Kosten rechnen, etwa für einen neuen Zähler. Dies kann je nach Elektrizitätsversorger 1200 Franken oder mehr kosten. Das EWZ verlangt für Bezüger von fremdem Strom einmalig 700 Franken pro Gebäude und 100 Franken pro Zähler.
Zudem macht der Strompreis nur einen Teil des gesamten Energiepreises aus. Grund: Unabhängig vom Lieferanten sind beim lokalen Netzbetreiber weiterhin Netzgebühren fällig. Beispiel: Wechselt ein Zürcher Unternehmen mit 100 000 kWh Stromverbrauch vom städtischen zum kantonalen Elektrizitätswerk, zahlt es künftig 5,4 Rp./kWh für den Niedertarifstrom des EKZ. Dazu erhält es weiterhin eine Rechnung vom Stadtwerk für die Netznutzung über 9,36 Rp./kWh sowie eine weitere Abgabe über 1,98 Rp./kWh.