Der Sex ist unbefriedigend, die Frau frustriert. Das führe zu Wut über den Mann und schliesslich zur Trennung. Dieses düstere Szenario schilderten Ärzte am diesjährigen Kongress der Europäischen Gesellschaft für Sexualmedizin. Grund für das unbefriedigende Sexualleben: Rund ein Viertel der Männer leide unter vorzeitigem Samenerguss. Bei ihnen vergehe keine Minute vom Eindringen bis zum Orgasmus, oft seien es sogar nur Sekunden. Zum Vergleich: Bei Männern ohne vorzeitigen Samenerguss dauert es im Schnitt rund fünfeinhalb Minuten, bis es soweit ist. Bei jüngeren eine Minute länger, bei älteren etwas weniger lang. Zu diesem Schluss kam eine internationale Studie mit rund 500 Paaren aus Holland, Spanien, der Türkei, Grossbritannien und den USA.
Die Sexualmediziner hatten am Kongress auch die passende Pille parat: Priligy. Der Mann müsse sie bloss ein paar Stunden vor dem Sex schlucken und es gehe deutlich länger bis zum Samenerguss. Seit letztem Herbst ist Priligy auch in der Schweiz auf dem Markt.
Cremes und Kondome als harmlosere Alternativen
Doch bei Fachleuten kommt das Mittel schlecht weg: «Ein überflüssiges Medikament», schreibt Urspeter Masche in der Fachzeitschrift «Pharmakritik». Die Pille könne den Geschlechtsverkehr gerade mal um 1 bis 2 Minuten verlängern. Es sei «aberwitzig», dafür die Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. Priligy sei nichts anderes als ein Antidepressivum mit Folgen wie Durchfall, vermehrtem Schwitzen, Schlaflosigkeit und Angstzuständen. Auch Arzt Peter Gehrig vom Zürcher Institut für klinische Sexologie und Sexualtherapie sagt: «Von Priligy profitiert vor allem der Hersteller.»
Gegen vorzeitigen Samenerguss gibt es harmlosere Alternativen: leicht betäubende Cremes oder beschichtete Kondome. Masche: «Sie helfen wohl mindestens so gut und haben kaum Nebenwirkungen.» Doch auch für diese Mittel gilt: Sie lösen das Problem nicht. Die betäubenden Mittel vermindern die Sensibilität des Penis. Gehring empfiehlt deshalb eine Sexualtherapie. Der Mann lernt anhand von Übungen, seine Erregung besser zu kontrollieren und den Zeitpunkt des Orgasmus selber zu bestimmen. «Das hat bei den meisten Männern Erfolg», sagt er. Voraussetzung sei, dass der Mann motiviert sei, sich über längere Zeit mit seinem Körper und seiner Sexualität auseinanderzusetzen.
Laut der Pharmafirma A. Menarini AG ist Priligy ein «erprobtes, wirksames und gut verträgliches Medikament». Eine Analyse von fünf Studien habe gezeigt, dass es die Ejakulationszeit im Schnitt von gut 50 Sekunden auf etwas über 3 Minuten verlängern könne. Nebenwirkungen seien meist leicht bis mässig.
Tipps: Das kann bei vorzeitigem Orgasmus helfen
- Vermeiden Sie Stress beim Sex.
- Konzentrieren Sie sich beim Vorspiel vor allem auf die Frau und weniger auf Ihre eigene Stimulation.
- Verwenden Sie ein dickwandiges Kondom: Sie spüren dann etwas weniger.
- Benützen Sie viel Gleitmittel. Das reduziert die Reibung.
- Lernen Sie beim Masturbieren den Zeitpunkt zu erkennen, bei welchem Sie den Orgasmus noch kontrollieren können.
Weitere Tipps: www.vorzeitige-ejakulation.de