Phytotherapie - Johanniskraut gegen Depressionen
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saldo 11/2000
07.06.2000
Phytotherapie, ein Zweig der Komplementärmedizin, wendet Inhaltsstoffe von Pflanzen als Arzneimittel an. Die Nachfrage wächst ständig.
Rund 3,5 Millionen Franken werden in der Schweiz pro Jahr mit Johanniskrautpräparaten umgesetzt. In Deutschland hat sich der Umsatz in den letzten 20 Jahren auf 200 Millionen Mark verzehnfacht. Die Heilpflanze wirkt gegen Depressionen. "Das heisst nun aber nicht, dass einfach zehnmal mehr Personen depressiv sind", erklärt Prof. Reinhard Saller...
Phytotherapie, ein Zweig der Komplementärmedizin, wendet Inhaltsstoffe von Pflanzen als Arzneimittel an. Die Nachfrage wächst ständig.
Rund 3,5 Millionen Franken werden in der Schweiz pro Jahr mit Johanniskrautpräparaten umgesetzt. In Deutschland hat sich der Umsatz in den letzten 20 Jahren auf 200 Millionen Mark verzehnfacht. Die Heilpflanze wirkt gegen Depressionen. "Das heisst nun aber nicht, dass einfach zehnmal mehr Personen depressiv sind", erklärt Prof. Reinhard Saller, Leiter der Abteilung für Naturheilkunde am Unispital Zürich. "Ich denke eher, dass es das breite Wirkungsspektrum ist, das Gesunde wie Kranke anspricht."
Komplementärmedizin hilft bei allgemeinen Störungen
Johanniskraut enthält eine ganze Palette von Stoffen, unter anderem Hypericin, Flavonoide, Gerbstoffe, Xanthonderivate und ätherisches Öl. Gerade diese Vielfalt unterscheidet die meisten Pflanzenpräparate von den synthetischen Pharma-Einstoffprodukten. Sie haben dadurch ein breiteres Wirkungsspektrum. Bei Johanniskraut liest man zum Beispiel: psychovegetative Störungen, depressive Verstimmungszustände, Angst und nervöse Unruhe, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit. Das ist typisch für Methoden der Komplementärmedizin. Sie befasst sich mit Einzelsymptomen und der zugehörigen spezifischen Krankheit wie auch mit einer Art "allgemeiner Krankheit", mit Blockaden oder Störungen.
"Manchmal kann ich einem Patienten auf ganz andere Weise helfen, als er erwartet", erläutert Reinhard Saller, "so kann der erste Effekt einer Behandlung bei einem chronisch Kranken sein, dass sich eine vorhandene Verstopfung löst. Das ist für den Patienten ein Erfolg, er merkt, dass sein Körper etwas Dynamisches ist, dass er reagieren kann und nicht nur krank ist."
Phytotherapeutika wie Johanniskraut dürfen aber nicht, weil sie "natürlich" sind, wahllos eingenommen werden. Auch pflanzliche Heilmittel können unerwünschte Wirkungen haben. Von Johanniskraut weiss man seit kurzem, dass es die Wirkung bestimmter Medikamente, zum Beispiel von Herzmitteln, beeinträchtigen kann. Wer in ärztlicher Behandlung ist, tut also gut daran, seinem Hausarzt mitzuteilen, welche Naturprodukte er nebenbei einnimmt.
Hildegard Bösch-Billing