Mehr als 40 000 Menschen sollen sich laut Experten umgebracht haben, nachdem sie das Antidepressivum Prozac eingenommen haben. 89 Babys und Erwachsene starben zwischen 1994 und 2000 in den USA an Prepulsid, ­einem Arzneimittel, das Sodbrennen verhindern soll, aber Herzrythmusstörungen begünstigt. 

Me­dikamentenher­steller vermarkteten jahrelang Hormontherapien gegen Beschwerden in den Wechseljahren, die Brustkrebs verursachen können. Und ein Appetitzügler führte in Frankreich zum Tod von über 1000 Menschen.

All diese Skandale haben laut Autor eines gemeinsam: Sie sind kein Zufall. Die Hersteller veröffentlichten nur Stu­dien, die zum Marketing passten. Hin­weise auf Nebenwirkungen verheimlichten sie. 

Hauptsache, die Mittel werden geschluckt 

Branchengrössen bräuchten ständig neue Verkaufsschlager, um den Renditehunger ihrer Aktionäre zu stillen. «Big Pharma» schafft Medikamente für Gesunde – etwa Psychopharmaka oder Präparate gegen Magengeschwüre und Sodbrennen. Entscheidend ist, dass Patienten die Mittel auf Dauer nehmen. Die In­dustrie hat kein Interesse, Menschen zu heilen oder arme Kranke in der Dritten Welt zu versorgen. Grund: Beide sind als Kunden nicht lukrativ.

Das Buch bietet in einer gut verständlichen Sprache einen fundierten Überblick über Verfehlungen der Pharmaindustrie in den letzten 30 Jahren. Es ist jedoch eine einseitige Lektüre. Die zwölf Autoren blenden aus, dass neue Arzneimittel helfen, die Lebenserwartung der Menschen im Westen zu steigern. Sie werfen Managern generell vor, nach Gewinn zu streben. Gleichzeitig rufen sie ins Gedächtnis, dass Pharmafirmen kein Gut wie Seife, Schoggi oder Uhren verkaufen. Ihre Produkte sollen heilen, Leben retten, Leiden lindern. Der ethische Anspruch an Entwickler und Vermarkter dieser Präparate ist höher als jener an Seifenhersteller. Und die Wut grösser, wenn sie nur ihren Profit im Blick haben.    

Mikkel Borch-Jacobsen, Hrsg.,

«Big Pharma. Wie profitgierige Unternehmen unsere Gesundheit aufs Spiel setzen», Piper, ca. Fr. 24.–