Licht tut der Seele gut
Eine Lichttherapie zu Hause hilft nicht nur gegen trübe Wintertage – sondern auch gegen eine Reihe von psychischen
Störungen.
Inhalt
saldo 17/2013
23.10.2013
Andreas Grote
Ein erhöhter Schlafdrang und verstärktes Verlangen nach Süssigkeiten können Anzeichen einer saisonalen Depression sein – etwa dann, wenn die Tage kürzer werden. Dagegen kann eine Therapie mit hellem Licht effizient helfen, das ist erwiesen. Anna Wirz-Justice vom Zentrum für Chronobiologie der Uni Basel: «Eine Verbesserung tritt nach wenigen Tagen ein.»
Die Therapie wirkt auch gegen eine Reihe anderer psychischer Störungen...
Ein erhöhter Schlafdrang und verstärktes Verlangen nach Süssigkeiten können Anzeichen einer saisonalen Depression sein – etwa dann, wenn die Tage kürzer werden. Dagegen kann eine Therapie mit hellem Licht effizient helfen, das ist erwiesen. Anna Wirz-Justice vom Zentrum für Chronobiologie der Uni Basel: «Eine Verbesserung tritt nach wenigen Tagen ein.»
Die Therapie wirkt auch gegen eine Reihe anderer psychischer Störungen (siehe Tabelle). Das beschreibt Wirz-Justice mit ihrer Kollegin Vivien Bromundt im deutschen Fachblatt «Schlaf».
Wirksam ist sie zum Beispiel bei der sogenannten unipolaren Depression. Betroffene fühlen sich dabei, als wenn sie in ein tiefes schwarzes Loch fallen. Häufig betroffen sind Frauen vor der Menstruation, Schwangere und ältere Personen. Wirz-Justice: «Bis die Lichttherapie in diesen Fällen wirkt, dauert es meist mehrere Wochen.»
Bei einer bipolaren Störung wechseln sich depressive und manische Phasen ab. Patienten schwanken zwischen «himmelhoch jauchzend» und «zu Tode betrübt». Die depressiven Gefühle treten meist am Morgen auf, weshalb die Lichttherapie am Morgen auch am besten wirkt.
Auch dementen Patienten kann die Lichttherapie guttun. Sie trauen sich immer weniger aus dem Haus. In der Wohnung herrscht aber meist nur eine Lichtstärke von 300 bis 500 Lux. Eine ständige, ausreichend helle Lichtquelle von 1000 Lux im Raum kann deshalb bereits helfen. In der Pflege werde die Lichttherapie daher immer wichtiger, sagt Wirz-Justice.
Mit dem gezielten Einsatz von Licht die innere Uhr steuern
Positiv wirkt die Lichttherapie auch auf Erwachsene mit der Aufmerksamkeitsstörung ADHS. Ähnliches gilt für Patienten mit einer Bulimie, der Ess-Brech-Sucht.
Bei vielen Krankheiten klagen die Betroffenen über einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus. Licht kann den Rhythmus wieder stabilisieren und die Schlafqualität verbessern. Mit gezieltem Timing lassen sich neue Einschlafzeiten antrainieren: Wer am frühen Morgen viel Licht konsumiert, schläft abends früher ein und bekommt dadurch mehr Schlaf. Andere hingegen schlafen am Abend zu früh ein. Sie wachen daher am Morgen auch sehr früh auf und sind tagsüber müde. Hier sorgt helles Licht am Abend dafür, dass sie wieder zu normalen Bettzeiten müde werden.
Die Lichttherapie kann jeder zu Hause durchführen. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser: «Weil man sie jeden Tag machen sollte, ist sie daheim auch am besten anwendbar.» Wirz-Justice rät Patienten mit psychiatrischen Krankheiten und Schlafstörungen, den Arzt zu informieren: «Man kann die Lichttherapie falsch dosieren.» Zudem müsse man allenfalls die Therapie auf die Medikamente abstimmen.
Wichtig ist eine geeignete Speziallampe. Kriterien dafür hat das unabhängige Center for Environmental Therapeutics in New York festgelegt. Danach sollte die Lampe in einer Lichtstärke bis 10 000 Lux einfaches, weisses Licht abgeben und die UV-Strahlen komplett herausfiltern. Die Lampe sollte man so einstellen können, dass der Patient in einer Distanz von etwa einem halben Meter von der Lichtquelle entfernt sitzen und während der Therapie lesen, schreiben oder frühstücken kann, ohne dabei geblendet zu werden. Solche Lampen kosten im Handel in der Regel 100 bis 200 Franken. Verschreibt der Hausarzt bei einer saisonalen Depression eine Lichttherapie, zahlt die Grundversicherung der Krankenkasse bis 720 Franken für eine Speziallampe.
Alternative zur Speziallampe: Jeden Tag ein Morgenspaziergang
Nebenwirkungen der Lampen sind selten. Irritationen der Augen, Reizbarkeit, Kopfweh oder Übelkeit lassen nach wenigen Tagen nach – oder man reduziert die Anwendungszeit. Besteht eine Krankheit der Netzhaut, sollte man vorher den Augenarzt kontaktieren. Manche Herzmedikamente, Allergie- und Rheumamittel oder Antidepressiva können die Empfindlichkeit der Haut auf Licht erhöhen und sogar sonnenbrandähnliche Hautirritationen verursachen.
Für Wirz-Justice gibt es eine Alternative zur Lampe: «Ein halbstündiger Spaziergang in den Morgenstunden wirkt ähnlich.» Den müsse man aber jeden Tag machen, damit er gegen Depressionen nützt.
Buchtipp:
Im Ratgeber «Das hilft bei Depressionen» (1. Auflage, 91 Seiten) erfahren Sie, was die ersten Anzeichen einer Depression sind und ob man auf Medikamente oder Therapien setzen soll. Zu bestellen mit der Karte auf Seite 34.