Kleiderkauf: Teure Produkte sind nicht unbedingt besser
Teure Kleider haben die bessere Qualität - so lautet das Vorurteil. Doch der textile Härtetest im Labor ergab überraschende Resultate.
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saldo 5/2003
19.03.2003
Marianne Kägi
Rund 9 Milliarden Franken gibt die Schweizer Kundschaft laut einer Studie des Marktforschungsinstituts IHA-GfK Jahr für Jahr für Kleider aus - das sind über 1250 Franken pro Kopf. Manche Leute kaufen Billigkleider, andere schwören auf teure Markenware. Ihr Argument: «Ich zahle lieber mehr, dafür halten die Sachen dann auch länger.» Kassensturz und saldo machten die Probe aufs Exempel und gingen mit einer Familie aus Dübendorf ZH auf Einkaufstour.
Gabi und Urbano Malacarne...
Rund 9 Milliarden Franken gibt die Schweizer Kundschaft laut einer Studie des Marktforschungsinstituts IHA-GfK Jahr für Jahr für Kleider aus - das sind über 1250 Franken pro Kopf. Manche Leute kaufen Billigkleider, andere schwören auf teure Markenware. Ihr Argument: «Ich zahle lieber mehr, dafür halten die Sachen dann auch länger.» Kassensturz und saldo machten die Probe aufs Exempel und gingen mit einer Familie aus Dübendorf ZH auf Einkaufstour.
Gabi und Urbano Malacarne sowie ihre Tochter Claudia deckten sich mit je zwei Oberteilen ein. Vater und Tochter kauften zudem je zwei Paar Hosen, die Mutter zwei Röcke. Das Trio wählte für seine Kleidungsstücke eine billige und eine teure Variante, doch Farbe und Material mussten identisch sein - nur so liessen sich die Stücke auch miteinander vergleichen.
Im deutschen Textilprüfungsinstitut Hohenstein durchliefen die Kleider einen Härtetest. Sie wurden auf Farb-, Scheuer- und Reissfestigkeit untersucht. Ausserdem wollten die Prüfer wissen, ob die Textilien auch nach mehrfacher Wäsche noch in Form bleiben.
Herrenhemden: Beide gingen in der Länge ein
Verblüffend war das Waschresultat bei der Herrenkleidung: Sowohl das teure Hemd von Grieder wie auch das günstige Migros-Modell gingen nach drei Wäschen ein - vor allem in der Länge. Bei den anderen Tests konnten die Experten keine gravierenden Unterschiede feststellen.
Etwas anders fiel das Ergebnis bei den Hosen aus: Die doppelt so teure Boss-Hose stellte sich als robuster heraus. Urbano Malacarne fühlte sich aber sowohl im teuren wie auch im günstigen Outfit wohl. «Bei den Hosen merkte ich kaum einen Unterschied. Bei den Hemden fühlte sich der Stoff des teuren Modells etwas angenehmer an - mehr nicht.»
Und auch Gabi Malacarne zeigte sich zufrieden. Die Blusen von Epa und Globus sassen ebenso perfekt wie die neuen Jeansjupes von Manor und Dolce & Gabbana. Das Resultat der Textilprüfung: Der billige Manor-Jupe war dem teuren Label-Pendant unterlegen. «Bei der Farbechtheit gab es Unterschiede», sagt Florian Girmond, Direktor der Abteilung Consumer Tests im Institut Hohenstein. Folge: Das Billigmodell kann auf der Couch oder auf einem Autositz leichter Spuren hinterlassen.
Globus nimmt die getestete Bluse aus dem Verkauf
Überraschende Ergebnisse gab es bei den Blusen - beide Kleidungsstücke gingen beim Waschen ein. Doch während das günstige Epa-Stück nur ein wenig enger wurde, war das teure Gegenstück von Globus nach drei Durchläufen beträchtlich kürzer. Globus will jetzt reagieren: «Sämtliche Materialien werden vor der Verarbeitung durch unabhängige Testinstitute geprüft. Unsere Qualitätsnormen schreiben bei der Grössenveränderung einen Grenzwert von plus/minus 3 Prozent vor.» Aufgrund des Tests werde das Produkt aber nicht mehr verkauft - und «den Artikel nehmen wir selbstverständlich zurück».
Die 13-jährige Claudia entschied sich für eine weisse Bluse und eine helle Sommerhose. Die günstige Garnitur bestand aus einer H&M-Hose für Fr. 29.90 und einer Jelmoli-Bluse für 59 Franken - die teure Variante aus Hosen von Armani für 204 Franken und einer Bluse von Replay & Sons zu 135 Franken. Bei den Blusen schnitt die teure im Härtetest klar besser ab. Bei den Kinderhosen waren Machart und Material nicht hundertprozentig identisch. Dennoch war das Fazit von Textilexperte Florian Girmond klar: «Die günstigere H&M-Hose ist deutlich robuster - sowohl hinsichtlich Scheuerbeständigkeit wie punkto Reissfestigkeit.»
Auch das Gesamtergebnis erstaunt Girmond nicht: «Ich weiss, dass nicht nur die Qualität über den Preis entscheidet - zu einem grossen Teil wird er auch vom Image und der aktuellen Mode diktiert.» Deshalb kann es schon passieren, dass die textile Familienausstattung für rund 278 Franken nicht nur fast gleich aussieht wie die teure für knapp 981 Franken, sondern auch qualitativ gleichwertig ist.
Darauf sollten Sie achten:
- Sorgfältige Verarbeitung
- Die Materialien sollten entsprechend dem Fadenverlauf eingesetzt sein
- Schön umsäumte Kanten
- Richtig angenähte Knöpfe
- Sauber vernähte Knopflöcher
- Symmetrisch verlaufende Ziernähte
- Sauber angebrachte Applikationen
- Symmetrische Verarbeitung des Kleidungsstücks
- Bei Mehrteilern darauf achten, dass alle Teile den gleichen Farbton haben
- Bei Hosen prüfen, ob die Hosenbeine nicht verdreht sind
- Textilien dürfen beim Anfassen nicht abfärben
Nicht vergessen: Versteckte Mängel wie etwa Nähte, die sich nach zwei-, dreimaligem Waschen lösen, oder Verfärbungen kann man reklamieren.
Beispiel 1: Männerkleidung
Das Migros-Hemd lief bereits nach der ersten Wäsche in der Länge stark ein. Das Polo-Hemd sah wesentlich besser aus. Nach drei Wäschen jedoch schnitten beide Hemden gleich schlecht ab. Sie waren stärker eingelaufen als es der Toleranzwert von 3 Prozent erlaubt.
Bei den Hosen ergaben die Tests unterschiedliche Resultate. Punkto Scheuerfestigkeit schnitt die teure Hose von Boss etwas besser ab. Auch bei der Reibechtheit war sie dem günstigen Pendant von We überlegen.
Beispiel 2: - Frauenkleidung
Beide Damenblusen veränderten sich nach der Wäsche so stark, dass Kritik angebracht ist. Die günstige Bluse lief vor allem in der Breite zu stark ein, die teure wurde deutlich zu kurz. Als Konsequenz nahm Globus sie aus dem Handel (siehe Stellungnahme).
Der teure Rock von Bernies erfüllte die Erwartungen eher als der günstige von Manor. Er behielt seine Form besser bei als der Manor-Rock. Ausserdem färbte er im trockenen wie im nassen Zustand etwas weniger ab.
Beispiel 3: - Kinderkleidung
Bei den Kinderblusen schnitt das mehr als doppelt so teure Modell deutlich besser ab. Die günstige Jelmoli-Bluse lief relativ stark ein, die-jenige von Replay & Sons behielt ihre Form auch nach der dritten Wäsche.
Die günstige Hose ist robuster und stabiler als das Designer-Stück. Sie war weniger schnell durchgescheuert und beim Reisstest belastbarer. Die H&M-Hose wird beim Spielen und Rumtoben länger halten als die Armani-Hose.