Kerosin: Belastung für Luft und Boden
Muss ein Flugzeug in der Luft Treibstoff ablassen, ist das für die Umwelt unschädlich. So die Behauptung der Behörden. Doch das stimmt nicht.
Inhalt
saldo 01/2010
18.01.2010
Letzte Aktualisierung:
19.01.2010
Gertrud Rall
Zwei Flugzeuge mussten vor rund einem Monat 90 Tonnen Kerosin über der Schweiz ablassen – «wegen technischer Probleme», wie es offiziell hiess. Damit schloss das Jahr 2009 mit einem negativen Rekord: Noch nie wurde die Luft mit so viel Treibstoff belastet. Letztes Jahr versprühten Jets in fünf Fällen total 175,9 Tonnen Kerosin im Schweizer Luftraum. Aber bei diesen sogenannten Fuel Dumps sind «Menschen und Umwelt nicht zu Schaden gekommen». So...
Zwei Flugzeuge mussten vor rund einem Monat 90 Tonnen Kerosin über der Schweiz ablassen – «wegen technischer Probleme», wie es offiziell hiess. Damit schloss das Jahr 2009 mit einem negativen Rekord: Noch nie wurde die Luft mit so viel Treibstoff belastet. Letztes Jahr versprühten Jets in fünf Fällen total 175,9 Tonnen Kerosin im Schweizer Luftraum. Aber bei diesen sogenannten Fuel Dumps sind «Menschen und Umwelt nicht zu Schaden gekommen». So die Meldung der Agentur SDA, die in zahlreichen Tageszeitungen unverändert und ohne weitere Abklärungen abgedruckt wurde.
Lösen sich die vielen Tonnen an giftigem Kerosin (siehe unten) einfach in Luft auf? Gemäss Flughafenbetreiber und Aufsichtsbehörden verwandelt sich das Kerosin zum grössten Teil in Wasserdampf und Kohlendioxid, wenn es in der vorgeschriebenen Höhe (1850 Meter über Boden) und mit der vorgeschriebenen Geschwindigkeit (450 km/h) abgegeben wird. Das trägt zur Ozonbildung bei.
Bei starkem Regen kann die Hälfte des Kerosins auf den Boden gelangen
Immerhin: Theoretisch sollten bei einem schnellen Treibstoffablass bei Windstille und einer Bodentemperatur von 15 Grad nur 8 Prozent des abgelassenen Kerosins den Boden erreichen. «Nur bei wesentlich geringerer Ablasshöhe oder bei starken Niederschlägen wäre damit zu rechnen, dass feinste Tröpfchen den Boden erreichen», so das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl).
Doch die behördlichen Beschwichtigungen überzeugen kaum: Da der Treibstoffablass nur in einer Notsituation geschieht, kann «der Ablassraum prinzipiell nicht geplant werden», schreibt das Bazl. Bei ungünstiger Witterung wie starkem Regen können bis zu 50 Prozent des Kerosins auf den Boden gelangen, weil es sich in der Atmosphäre weniger fein verteilt.
Tatsächlich passierte dies schon, wie ein Vorfall aus dem Jahr 2004 belegt. Am 28. Juli musste eine Boeing 777 der Malaysia Airlines wegen technischer Probleme schnell wieder landen und liess davor Kerosin über Süddeutschland ab. Innerhalb von 35 Minuten wurden in 3000 Metern Höhe 71,4 Tonnen Kerosin abgelassen.
Keine Untersuchung – trotz Beschwerden von Anwohnern
Kurze Zeit nach diesem Fuel Dump meldeten sich rund hundert Personen beim Landratsamt Villingen-Schwenningen wegen körperlicher Beschwerden wie Brennen im Hals und starkem Durstgefühl. Landrat Karl Heim hat nach eigenen Angaben damals eine Untersuchung angestrebt. Doch die deutschen Behörden wie die Landesanstalt für Umweltschutz zeigten selbst bei diesem krassen Zwischenfall keinerlei Interesse, den Vorfall näher zu untersuchen.
Kerosin
Kerosin (auch Leichtpetroleum oder Lampenöl genannt) ist gesundheitsschädlich und umweltgefährlich, vor allem für Wasser. Es ist ein Kontaktgift, das oral, über eine Inhalation oder über die Haut aufgenommen werden kann. Es verursacht eine akute oder chronische Vergiftung.
- Orale Aufnahme: Der Patient leidet unter Übelkeit, Durchfall, Erbrechen und Bauchschmerzen.
- Inhalation: Nimmt der Mensch Kerosin über die Atemwege auf, kommt es zu Kopfschmerzen, Verwirrung und Schwindel. Es besteht die Gefahr einer Lungenentzündung.
- Wirkung von Kerosin auf die Haut: Sie ist an einer Austrocknung und Schorfbildung erkennbar. Die Flüssigkeit entfettet die Haut. Ein wiederholter oder länger andauernder Kontakt kann eine Dermatitis auslösen.
- Augen: Es kommt zu einer Rötung.