Anfang Mai erschien im «Bieler Tagblatt» ein halbseitiges Inserat mit dem Titel «Wir haben die Lösung zu Ihrer Traumfigur». Darin verspricht das Schönheitsinstitut Powerbeauty Frauen Erfolg im Kampf gegen Cellulite. Ultraschall sei die Methode, die «Fettzellen gezielt und radikal zerstört», steht auf der Website. Das Verfahren setze eine «Energiemasse frei, welche die Membranen der Fettzellen zerbricht», heisst es weiter. Der Anbieter spricht von «erstaunlichen und sichtbaren Ergebnissen».
Noch wirkungsvoller sei die Ultraschalltherapie in Kombination mit Bodylift. Dabei handelt es sich um eine elastische Unterhose, präpariert mit Mikrokapseln. Diese enthalten laut der Powerbeauty-Website Koffein und verschiedene Pflanzenöle. Das Höschen solle man täglich fünf bis acht Stunden lang tragen und zusätzlich ein Gel einmassieren. Durch die Körperbewegung entfalte sich die Wirkung der Kapseln und «beeinflusst die Problemzonen an Bauch, Po und Oberschenkel positiv».
Experten halten allerdings nichts von Höschen mit Mikrokapseln und der Ultraschallmethode gegen Cellulite. «Vergessen Sie es», sagt Ingo Froböse, Sportwissenschafter an der Sporthochschule Köln, «keine der zurzeit angebotenen Methoden gegen Cellulite bringt etwas». Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser kritisiert: «Wenn Ultraschall Fettzellen tatsächlich zerstören würde, wäre das sogar gefährlich, weil es auch noch benachbarte Zellen schädigen könnte» (siehe «Gesundheitstipp» 4/09).
Überteuerte Produkte ohne wissenschaftlich erwiesenen Nutzen
Cristina De Falcis, Inhaberin der Bieler Firma Powerbeauty, verteidigt Höschen und Ultraschall: In Kombination mit Lymphdrainagen und Power Plate, dem Training auf der Vibrationsplatte, würden sie ein gutes Resultat bringen.
De Falcis bietet in ihrem Institut alle vier Methoden an. Cellulite sei ein Problem, das man mit verschiedenen Methoden und längerfristig angehen müsse. Eine Ultraschallanwendung kostet 145 Franken. Es brauche aber mindestens zehn Sitzungen, sagt De Falcis. Das Höschen plus zwei Tuben Körpergel kosten 300 Franken. De Falcis betont, dass sie den Kundinnen jeweils auch einen Lebensstil mit gesunder Ernährung und Sport ans Herz lege.
Powerbeauty ist nur einer von unzähligen Firmen, die mit den verschiedensten Methoden Abhilfe gegen die unschönen Dellen an Oberschenkel und Hinterteil werben. Doch immer wieder zeigen Tests: Das Geld für die teuren Produkte kann man sich sparen. Salben, Gels und Cremes dringen nur in die oberste Hautschicht ein und damit zu wenig tief, um Cellulite wirksam zu bekämpfen (saldo 8/10).
Ein weiterer Nachteil, so die Zürcher Ärztin Silke Schmitt: «Sobald man damit aufhört, wird die Cellulite sofort wieder schlimmer.» Auch Methoden mit Saugeffekt und Kälte bringen wenig bis nichts. Vor drei Jahren untersuchten Forscher der Universität New Jersey (USA) verschiedene Verfahren. Resultat: Die zurzeit verfügbaren Methoden seien nur teilweise oder vorübergehend wirksam, schreiben die Autoren im Fachblatt «Journal of the American Academy of Dermatology».
Auch 20 Prozent der Männer sind betroffen
Cellulite ist ein typisches Frauenproblem, sagt Hautärztin Christiane Bayerl, Direktorin der Dermatologischen Klinik am Städtischen Klinikum in Wiesbaden. Grund: «Das Bindegewebe verläuft bei Frauen im rechten Winkel zur Hautoberfläche.» Fettgewebe und Wasser können zwischen den Bindegewebsfasern nach oben drücken und so die Orangenhaut verursachen. Wie die Fasern liegen, sei genetisch festgelegt, dies könne man durch keine Massnahme ändern, sagt Bayerl. Ein weiterer Grund für Cellulite sind die Hormone, die sich mit zunehmendem Alter verändern. Deswegen lagert sich mehr Fett in Oberschenkel, Gesäss und Bauch ab. Zudem lässt die Spannkraft des Bindegewebes nach.
Männer leiden zwar weniger an Cellulite. Die Bindegewebsfasern verlaufen bei ihnen anders als bei Frauen. Doch Ingo Froböse spricht von «rund 20 Prozent betroffenen Männern». Grund: Bewegungsmangel verbunden mit überflüssigen Fettpolstern. Denn Übergewicht verstärkt die Orangenhaut. Daniela Kleeman, Hautärztin aus Zürich, erklärt: «Die Fettzellen werden bei übergewichtigen Menschen grösser.» Diese grossen Fettzellen brauchen mehr Platz zwischen dem Bindegewebe. Gleichzeitig drücken die Fettzellen auf Blutgefässe und Lymphbahnen. Dies schränkt die Durchblutung des Gewebes ein.
Betroffene sind nicht machtlos im Kampf gegen Cellulite. Ingo Froböse sagt: «Alles, was die Durchblutung im Gewebe fördert, hilft.» Dazu gehören Sport, gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse, wenig Fleisch und Fett sowie Massagen an den betroffenen Körperteilen. Die Zahl der Fettzellen nimmt dadurch zwar nicht ab, aber sie werden kleiner. «Am besten massieren Sie sich mit einer harten Bürste selbst», sagt Froböse. Ob Walken, Joggen, Velofahren oder Schwimmen: «Sport stärkt und strafft das Bindegewebe.» Auch wenn die Dellen nicht ganz verschwänden. Froböse: «Zwischen Muskeln und straffer Haut sind sie weniger sichtbar.»
Schönheitsideale häufig zu hoch gesteckt
Auch für Hautärztin Daniela Kleemann ist es «die Summe verschiedener Massnahmen, die hilft». Man könne sich ruhig täglich irgendeine Creme einmassieren. Dazu brauche es grundsätzlich keine teuren Produkte. Denn ausschlaggebend sei vor allem die Massage und nicht die Creme.
Susan Meier vom Vorstand des Schweizerischen Kosmetikverbands: «Cellulite bekämpfen heisst meist auch, die Lebensweise zu verändern.» Das könne man nicht von heute auf morgen. Meier: «Fixieren Sie sich nicht zu stark auf gängige Schönheitsideale.» Wegen ein paar Dellen müsse sich niemand schämen. Das sieht Hausarzt Walser ebenso: «Hässlich ist ein Mensch nur dann, wenn er sich selbst dafür hält.»