Das klagende Ehepaar erscheint in Begleitung seines Anwalts vor dem Bezirksgericht Hinwil ZH. Das beklagte Ehepaar wird von zwei Anwälten begleitet, der eine sehr jung, der andere in gesetztem Alter. Die Stimmung ist angespannt. Der Grund: eine richterliche Verbotstafel, die seit vier Jahren auf Verlangen der Beklagten vor den aneinandergebauten Liegenschaften der zwei Parteien angebracht ist. Auf der Tafel steht: «Gemäss richterlicher Verfügung wird Unberechtigten die über das Fuss- und Fahrwegrecht hinausgehende Nutzung der Strasse bzw. des Trottoirs auf dem Grundstück, namentlich die Nutzung als Spiel- und Sportplatz, das Hinterlassen von Schmutz und Abfall wie die Blockierung oder Behinderung der Ausfahrt und der Strasse verboten.»
«Verbot auf unredliche Weise erreicht»
Im Gerichtssaal kommt der Anwalt der Kläger gleich zur Sache: «Das gerichtliche Verbot ist aufzuheben, da es gar nicht hätte bewilligt werden dürfen.» Ein gerichtliches Verbot richte sich an die Allgemeinheit. Wenn es sich aber wie im vorliegenden Fall nur gegen bestimmte Personen richte, sei ein gerichtliches Verbot nicht zulässig. Der Anwalt wirft den Beklagten vor, dass sie dem Gericht absichtlich unterschlagen hätten, gegen wen sich das Verbot richte, um die Anhörung der Kläger durch das Gericht zu verhindern. «Sie haben das Verbot auf eine unredliche Weise erreicht. Ein solches Verhalten geniesst keinen Rechtsschutz!»
Für die Beklagten spricht der junge Anwalt. Er erklärt den Sachverhalt: Die Liegenschaften der beiden Parteien seien aneinandergebaut. Seine Mandanten hätten den den Klägern deshalb ein Fuss- und Fahrwegrecht eingeräumt. Das sei kein Problem. Die zwei Kinder der Nachbarn würden jedoch regelmässig auf dem Grundstück spielen, Tore aufstellen, Schanzen bauen und Velos liegen lassen. Das gehe zu weit. Deshalb sei dies durch das Verbot untersagt.
Der Anwalt stellt in Abrede, dass seine Klienten das Gericht im Verfahren zum gerichtlichen Verbot getäuscht hätten. Die Kläger hätten innert 30 Tagen Einsprache erheben können. «Da sie innert dieser Frist nichts unternahmen, haben sie ihr Recht verwirkt.» Das gerichtliche Verbot sei korrekt erlassen worden. Und in unmittelbarer Nachbarschaft befinde sich ein grosser Spielplatz – der Prozess sei also unnötig.
Jetzt hat wieder der Anwalt der Kläger das Wort: Seine Klienten hätten mit der Gegenseite über die Ausgestaltung des gerichtlichen Verbots reden wollen – was von den Beklagten abgelehnt worden sei: «Sie hatten Angst, dass ihre Waffe stumpfer wird, wenn man regelt, was genau unter das gerichtliche Verbot fällt.»
Im übrigen sei es nicht so, dass seine Mandanten ihre Rechte verwirkt hätten, weil sie gegen das Verbot keine Einsprache erhoben. «Das Verbot ist von Anfang an fehlerhaft, da die Beklagten die Namen der Kläger kannten und unterschlugen.» Deshalb sei das gerichtliche Verbot aufzuheben – oder zumindest gegenüber seinen Klienten und ihren Kindern. Zum grossen Spielplatz, der sich in unmittelbarer Nähe befindet, merkt er an: «Das ist der Spielplatz der Nachbarliegenschaft.»
Der Anwalt der Beklagten bestreitet, das gerichtliche Verbot sei nur gegen die Nachbarn und deren Kinder gerichtet.
Gerichtliches Verbot wird aufgehoben
Die Richterin stellt fest, dass die Fronten sehr verhärtet sind. Deshalb gehe sie davon aus, dass die Parteien keinen Vergleich abschliessen wollen. Beide Seiten bestätigen dies. Deshalb fällt sie folgendes Urteil: Das gerichtliche Verbot wird aufgehoben, die Gerichtskosten von 1740 Franken und die Kosten von 231 Franken für das Verfahren vor dem Friedensrichter haben die Beklagten zu bezahlen. Ausserdem müssen sie den Klägern eine Entschädigung von 2400 Franken plus 8 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen.
Die Richterin schliesst sich in ihrer Urteilsbegründung der Argumentation der Kläger an: Ein gerichtliches Verbot richte sich an einen unbestimmten Personenkreis. Richte sich der Rechtsschutz dagegen bloss gegen eine bestimmte Person, sei ein solches Verbot unzulässig. Deshalb sei es aufzuheben.
Prozessieren: Gerichtliche Verbote auf privaten Grundstücken
Zum Schutz des Grundeigentums gibt es in der Zivilprozessordnung die Möglichkeit, ein richterliches Verbot an einen unbestimmten Personenkreis zu erlassen. Damit kann man zum Beispiel ein Parkier- oder Fahrverbot auf dem eigenen Grund und Boden durchsetzen. Für das Verbot ist das Gericht am Ort zuständig, wo das Grundstück im Grundbuch eingetragen ist.
Wer ein solches Verbot beantragt, muss dem Richter glaubhaft machen, dass eine entsprechende Störung des Grundeigentums besteht oder droht. Mit dem Verbot wird Zuwiderhandelnden eine Polizeibusse bis 2000 Franken angedroht. Das Gericht macht das Verbot durch Hinweistafeln bekannt.
Wer ein gerichtliches Verbot nicht anerkennen will, kann innert 30 Tagen ohne Angabe von Gründen Einsprache erheben. Diese macht das Verbot der betreffenden Person gegenüber unwirksam. Dagegen kann sich die Partei, die das Verbot beantragt hat, mit einer Klage wehren.